Die Basis des Make-Up

Die Basis des Make-Up

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Zeichnung (439) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Schweißausbruch nach einer abgebrochenen Recherche, grelles Neonlicht, Nebel am Horizont, Deplaziertheit als Lebenselexier, wieder der Alptraum, von einem Radfahrer umgefahren worden zu sein. CC – der Campo Cervino in Sezze, südlich von Rom. Darauf zwei Traumhäuser mit Blitzeinschlägen, nachgebildet dem Tempel des Jupiters im nahegelegenen Terracina aus dem ersten Jahrhundert vor Christi, eines der ersten Bauwerke aus römischem Zement. Die Jahrtausende alten Abdrücke der Holzverschalungen sind darin zu sehen und zu betasten wie solche von gestern. In Draufsicht ein offengelegtes Gehirn mit zurückgeklappten Hautlappen. Zwischen den beiden Gehirnhälften eingezwängt steht Ueli Etter in der Länge verzerrt vor seinem Apartment in Hollywood, 1995. Ein Turner mit vorgebeugtem Oberkörper berührt mit seiner linken Handfläche den Boden. In der unteren Bildhälfte die Silhouette meiner Haare und Stirn auf der Einladungskarte für die Ausstellung Seit ich blond bin, färbe ich mir die Haare in der Galerie Zwinger, Berlin 1989." (Aus: arsenal, juli/august 14).

(1997)

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Zeichnung (220) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Schweißausbruch nach einer abgebrochenen Recherche, grelles Neonlicht, Nebel am Horizont, Deplaziertheit als Lebenselexier, wieder der Alptraum, von einem Radfahrer umgefahren worden zu sein. CC – der Campo Cervino in Sezze, südlich von Rom. Darauf zwei Traumhäuser mit Blitzeinschlägen, nachgebildet dem Tempel des Jupiters im nahegelegenen Terracina aus dem ersten Jahrhundert vor Christi, eines der ersten Bauwerke aus römischem Zement. Die Jahrtausende alten Abdrücke der Holzverschalungen sind darin zu sehen und zu betasten wie solche von gestern. In Draufsicht ein offengelegtes Gehirn mit zurückgeklappten Hautlappen. Zwischen den beiden Gehirnhälften eingezwängt steht Ueli Etter in der Länge verzerrt vor seinem Apartment in Hollywood, 1995. Ein Turner mit vorgebeugtem Oberkörper berührt mit seiner linken Handfläche den Boden. In der unteren Bildhälfte die Silhouette meiner Haare und Stirn auf der Einladungskarte für die Ausstellung Seit ich blond bin, färbe ich mir die Haare in der Galerie Zwinger, Berlin 1989." (Aus: arsenal, juli/august 14).

(1997)

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Zeichnung (296) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Die Hand eines Tierarztes mit der Todesspritze, aufgezogen für meine gelähmte und geliebte, alte Katze. Ein schwarzer Heiligenschein umgibt ihren verschwitzten Kopf. Ein zischendes SSSSH war der letzte Ton, den sie von sich gab. Dazu eine afrikanischen Landschaft mit Affenbrotbäumen, so wie ich sie mir als Kind in Norddeutschland vorgestellt habe. Unter der Erde der Nagel, der sich im texanischen Big Bend Park 1989 in einen Reifen meines Wagens gebohrt hatte, und der jetzt als Beigabe im Grab der Katze bei Lüneburg liegt. Von den Wurzeln der Bäume hängen mehr oder weniger vollständige menschliche Skelette, die bei den Ausgrabungen für eine Gated Community zutage getreten waren. Das alles kurz vor der Abreise nach Prag zu den Dreharbeiten von Stalingrad, mit deren Entlöhnung Joseph Vilsmaier mich 1991 vor einem finanziellen Desaster rettete – in case you don't mind. Die Wege der Freiheit sind verschlungen und seltsam, aber nicht unergründlich. Auf jeden Fall führten sie nicht über den Jungen Deutschen Film zum Ziel." (Aus: arsenal, juni 14).

(1993) 

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Zeichnung (218) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Die Hand eines Tierarztes mit der Todesspritze, aufgezogen für meine gelähmte und geliebte, alte Katze. Ein schwarzer Heiligenschein umgibt ihren verschwitzten Kopf. Ein zischendes SSSSH war der letzte Ton, den sie von sich gab. Dazu eine afrikanischen Landschaft mit Affenbrotbäumen, so wie ich sie mir als Kind in Norddeutschland vorgestellt habe. Unter der Erde der Nagel, der sich im texanischen Big Bend Park 1989 in einen Reifen meines Wagens gebohrt hatte, und der jetzt als Beigabe im Grab der Katze bei Lüneburg liegt. Von den Wurzeln der Bäume hängen mehr oder weniger vollständige menschliche Skelette, die bei den Ausgrabungen für eine Gated Community zutage getreten waren. Das alles kurz vor der Abreise nach Prag zu den Dreharbeiten von Stalingrad, mit deren Entlöhnung Joseph Vilsmaier mich 1991 vor einem finanziellen Desaster rettete – in case you don't mind. Die Wege der Freiheit sind verschlungen und seltsam, aber nicht unergründlich. Auf jeden Fall führten sie nicht über den Jungen Deutschen Film zum Ziel." (Aus: arsenal, juni 14).

(1993) 

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Zeichnung (87) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Eine Urszene des Real Estate: Perplexheit nach dem Rauswurf aus Hudson Street 100. Ein Portrait des amerikanischen Regisseurs Jim Jennings im Februar 1975 in unserem gemeinsamen Apartment an der President Street in Brooklyn. Eine Hand reicht ein Holzbrett ins Bild, auf dem eine halbe und eine ganze Scheibe Schwarzbrot liegen. Jim, der seine Filme durch seine Arbeit als Klempner finanzierte, wippt vor einem Stadtplan von Manhattan und Brooklyn auf einem Stuhl. Chinesische Folter: Durch ein Bambusrohr ergießt sich eiskaltes Wasser in den linken Ärmel seiner Wolljacke. Menschen ohne Kapital machen sich Illusionen über die Dauer ihrer Arbeitskraft. Nicht nur marktkonforme Kräfte geben sich alle Mühe, ihre individuellen Qualitäten auszulöschen. Nahezu zwanghaft arbeiteten wir, arm wie die Kirchenmäuse, mit unseren eher melancholisch eingestimmten Gründungsmythen dagegen an. Jim trieb es in die Jazzclubs, und ich begann, das anonyme Proletendasein eines entlaufenen Leibeigenen in einer Freien Hansestadt auszukosten." (Aus: arsenal, mai 14).

(1977)

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Zeichnung (420) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Eine Urszene des Real Estate: Perplexheit nach dem Rauswurf aus Hudson Street 100. Ein Portrait des amerikanischen Regisseurs Jim Jennings im Februar 1975 in unserem gemeinsamen Apartment an der President Street in Brooklyn. Eine Hand reicht ein Holzbrett ins Bild, auf dem eine halbe und eine ganze Scheibe Schwarzbrot liegen. Jim, der seine Filme durch seine Arbeit als Klempner finanzierte, wippt vor einem Stadtplan von Manhattan und Brooklyn auf einem Stuhl. Chinesische Folter: Durch ein Bambusrohr ergießt sich eiskaltes Wasser in den linken Ärmel seiner Wolljacke. Menschen ohne Kapital machen sich Illusionen über die Dauer ihrer Arbeitskraft. Nicht nur marktkonforme Kräfte geben sich alle Mühe, ihre individuellen Qualitäten auszulöschen. Nahezu zwanghaft arbeiteten wir, arm wie die Kirchenmäuse, mit unseren eher melancholisch eingestimmten Gründungsmythen dagegen an. Jim trieb es in die Jazzclubs, und ich begann, das anonyme Proletendasein eines entlaufenen Leibeigenen in einer Freien Hansestadt auszukosten." (Aus: arsenal, mai 14).

(1977) 

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Zeichnung (59) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"SAT - Ein Samstag in Brooklyn, 1975. Ein Bohrer, der zu einer Augenoperation an der Nasenwurzel eines Schläfers ansetzt, Blood On The Tracks von Bob Dylan als Begleitmusik. Das neue Heizkraftwerk und der auf seiner Frontseite aufgeschlitzte Bunker mit dem Schrägdach aus dem II. Weltkrieg - Gebäude, die man aus dem Zug von Achim nach Bremen sehen konnte. Zwei Schüsse eines Soldaten, ein ungezielter (egal) und ein gezielter (bestimmt) in den Leib eines Mannes mit erhobenen Armen am Rande eines Abgrundes. Daneben drei durch Stahlhelme auf Karabinerläufen gekennzeichnete Soldatengräber. Ein Inc.-Zeichen in der Mitte des Gemäldes eines Steinschlags. Erst Avalanche von Liza Béar in Manhattan und dann Avalon von Bryan Ferry in Katharinas Toom Peerstall auf St. Pauli. Ferrys Version von Dylans A Hard Rain's A-Gonna Fall hatte 1973 bei mir einen Lachkrampf ausgelöst und kennzeichnet das definitive Ende einer Ära. Erst viel später die Einsicht, dass es sich um unfreiwilligen Humor seinerseits gehandelt haben muß. Dylan blieb unzugänglich." (Aus: Black Blocks, Cinema Scope #46, 2011).  

(1988) 

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Zeichnung (58) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"FRI - Freitag, der 24. Januar 1975, in Brooklyn, im Narkoseschlaf nach einer Augenoperation. Die unbeschriebenen Blätter eines Generationenvertrages als fragile Architektur skizziert auf dem Briefpapier einer Whereabout (Incorporated), die vor mir in den Räumen hauste. Jemand will etwas MIT MIT an einen anderen weiterreichen. Statt eines Turmes gleich zwei Türme, ein umgedrehter und dann übererfüllter Morgenthau-Plan. Zwischen den Papierseiten das gebrochene Auge eines Kaninchens als Mittler und als graue Wolke. Monopolkapitalismus nach dem tendenziellen Fall der Profitrate, keine Ungleichzeitigkeiten mehr und weltweit keine Verstecke, aus denen heraus man das Treiben beobachten kann. Aber soweit sind wir noch nicht, noch gibt es Feinschmecker. Der Beschuß eines Einfamilienhauses durch einen Kampfjet, dem die Rückkehr auf seinen Träger unmöglich gemacht worden ist. Ein beschädigtes Flughafengebäude, ein stählerner Sendemast irgendwo in einem staubigen Teil Afrikas. Das Gegenteil eines klaren Gedanken, aber Landwirtschaft ist keine Option." (Aus: Black Blocks, Cinema Scope #46, 2011). 

(1988) 

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Zeichnung (57) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Zum Einüben: die Silhouetten von zweiunddreißig Kampfflugzeugen auf einer Kenntafel für Jet-Piloten. Das Erkennen des Gegners und die daraus abgeleiteten Reaktionen müssen blitzartig und wie in Trance stattfinden, im Sinne tradierter Raubtiereigenschaften. Drei an Schläuchen angeschlossene, noch lebende Kaninchen warten derweil in schuhkartonartigen Kisten, deren Deckel man wie Halskrausen hinter ihren Köpfen verschlossen hat, auf die medizinischen Versuche, die man mit ihnen anstellen wird. Eine verordnete Passivität im Dienste der menschlichen Monokultur und ihrer Alleinstellungsmerkmale. Die traurigen Augen von Bonn: Ein Mann mit zentimeterlangen Hängewarzen an den Augenlidern und aufgerissenen Pupillen schaute 1987 vom Bahnsteig des dortigen Hauptbahnhofs in mein Zugabteil und direkt in meine noch gesunden Augen. Ich kam mir überrumpelt vor wie das Versuchskaninchen einer erkrankten Menschheit und beobachte seitdem argwöhnisch meine Augenlider. Wer will schon wissen, dass er ein gewalttätiges Tier ist, oder es gesagt bekommen." (Aus: Black Blocks, Cinema Scope #46, 2011).

(1988) 

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Zeichnung (56) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Einfache, gedoppelte und gestrichelte Linien, Pfeile und Kreuze, die die letzte Fahrt, den letzten Kampf und den Untergang des Schlachtschiffs Bismarck am 27. Mai 1941 kennzeichnen. 2104 zwischen seinen Stahlplatten eingeschlossene Männer zog das Wrack mit auf den Grund der Nordsee. Zwei an der Wand der Zwinger Galerie in Berlin aufgehängte Teile meiner Ausstellung Der Untergang der Bismarck von 1988, die den Fortbestand der Grundzüge der Bismarckschen Sozialgesetzgebung anzweifelte: das Viertel eines zersägten Schreibtisches aus der Zeit des Gelsenkirchener Barocks und eine Satellitenkarte vom Golf von Nantucket, der Heimat von Arthur Gordon Pym. In einer Versuchsanordnung müssen vier Kaninchen in Kisten eingesperrt bis zu ihrem Tod Zigaretten rauchen. Alles unter der Annahme, dass Tiere kein Bewusstsein haben. Der Dichter Christoph Derschau im Zustand der Erschöpfung am Ziel eines Marathonlaufes. Die '9' war die Zahl auf seinem Hemd. Er starb 1995 an den Folgen einer Lungeninfektion, die sich wie rasend unter den Läufern verbreitet hatte." (Aus: Black Blocks, Cinema Scope #46, 2011).

(1988) 

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