Zeichnung (129) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Eine Frühstücksidylle, ein transparentes und zerhacktes Beil aus Fleisch, auf dessen Schnittfläche dunkle Muskelfasern zu sehen sind. Ein Hund stürmt eine Holztreppe hinunter zum Ort seiner Fütterung in der Küche eines amerikanisches Vorstadthauses irgendwann in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Eine Frau gießt sich im gleißenden Licht eines Reklamesets beherzt eine Tasse Kaffee ein. Im Zentrum das Logo von Pym Films, die exzerpierte Retina aus dem Auge eines Kaninchens, drohend, als stünde die Rache für Willy Kühnes Tierversuch durch einen Berserker von Hund im nächsten Moment bevor. Oder lefzt er nur angeregt durch die Geräusche des Futternapfes und den Geruch des Trockenfutters wie in einem Laboratorium von Ivan Pavlov? Der Junge mit den kurzgeschnittenen Haaren, die Frau im Faltenrock, die Konditionierung des Personals ist offenkundig, das Licht, in dem es erscheint, weltumspannend, unausweichlich, porentief. Der 'Menschenversuch', von dem Vlado Kristl sprach, setzt zu einer letzten Regression an." (Aus: arsenal, april 15).

Lynne Tillman: "Everything was going wrong. Suddenly I thought I didn't really love her. She poured the coffee in a determined way. She never read my thoughts but this time she laughed and said, 'All you can really love is the dog.' I poured too much dog food into the bowl and the dog appeared, larger than life." 

(1977) 

Zeichnung (130) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Eine konstatierte Tierreihe, TPMS: Kröte, Fisch, Hund, Reptil – Tetrapoda (T), Piscis (P), Mammalia (M), Sauropsida (S). Das Pym-Logo als Pupille im gespiegelten Horusauge, dem Auge des Re. Maltesische Fischerboote tragen Horusaugen an ihrem Bug. Unten links zeichnet eine Stenografin das Logo positiv auf ihrem Notizblock ab. Rechts daneben ein von innen mit einem Bleistift durchbohrter, herausgezogener Augenlidmuskel, der jede Sicht nach außen verhindert. Gelangweilt spielen die Menschen Blinde Kuh und protokollieren dabei ihre Bewegungen. Sie hantieren mit Stäben und Fingern und ihre Blicke materialisieren sich auf Bahnen. Der Chef sitzt mit verbundenen Augen in der Mitte und darf mit dem Finger ins Leere oder auf Menschen zeigen. Innere Augen leiten die Entwürfe der Ingenieure, sie müssen auf Zuruf skizziert werden. So wurde die Visuelle Kommunikation als universales Gebet eine Abkürzung zum Tode und zum Protokoll letzter Anblicke. Ich habe etwas gesehen, aber weder bin ich gekommen, noch bin ich ein Sieger." (Aus: arsenal, mai 15).
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(1983) 

Zeichnung (131) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Dial NERVOUS for the Time: Die Buchstaben des Wortes "Nervous" ergaben in den 70er Jahren auf New Yorker Telefonwählscheiben die Nummer 6378687 für die Zeitauskunft. Nervous Nuts, nervöse Verrückte, gedopte Junkies: Eine gestellte Büroszene mit vier Models als inszenierte Karikatur des Geschäftslebens – ein damaliges Werbefoto für das Getränk Hohes C – irgendwann, kurz bevor Heroin und Kokain die Verabreichung von Vitaminen in den Chefetagen und Maklerbüros ablöste und den Zynismus real werden ließ. Haselnüsse in allen Kombinationen von Positiv und Negativ, ein Telefonat mit der dicksten Nuß vor Ort, daneben die aufwendig gefönte Assistentin mit einem Stenoblock im Anschlag, dahinter ein schielender Chef, der von seinem Lehrling devot angehimmelt wird. Im Zentrum des Bildes kein Gegenstand, sondern ein imaginäres Gestell aus Blickbahnen, das diese Gesellschaft mit einer Stimme aus dem Jenseits zusammenhält, die gar nicht so zivil ist, wie sie sich anhört: 'Noch eine Anstrengung, wenn ihr Republikaner sein wollt.'" (Aus: arsenal, september 13).

(1978) 

Zeichnung (132) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Eine Frühstücksidylle, ein transparentes und zerhacktes Beil aus Fleisch, auf dessen Schnittfläche dunkle Muskelfasern zu sehen sind. Ein Hund stürmt eine Holztreppe hinunter zum Ort seiner Fütterung in der Küche eines amerikanisches Vorstadthauses irgendwann in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Eine Frau gießt sich im gleißenden Licht eines Reklamesets beherzt eine Tasse Kaffee ein. Im Zentrum das Logo von Pym Films, die exzerpierte Retina aus dem Auge eines Kaninchens, drohend, als stünde die Rache für Willy Kühnes Tierversuch durch einen Berserker von Hund im nächsten Moment bevor. Oder lefzt er nur angeregt durch die Geräusche des Futternapfes und den Geruch des Trockenfutters wie in einem Laboratorium von Ivan Pavlov? Der Junge mit den kurzgeschnittenen Haaren, die Frau im Faltenrock, die Konditionierung des Personals ist offenkundig, das Licht, in dem es erscheint, weltumspannend, unausweichlich, porentief. Der 'Menschenversuch', von dem Vlado Kristl sprach, setzt zu einer letzten Regression an." (Aus: arsenal, april 15).

(1977) 

Zeichnung (133) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Das neben dem Fuji aufgehende Logo von Pym Films mit dem Fenstergitter, durch das Willy Kühne 1878 ein Kaninchen starren ließ, das er dann schlachtete, um dessen lebendfrische Netzhäute zu ernten - auf seiner Jagd nach dem letzten Bild, dass sich im Tode in diese biochemisch eingebrannt hatte. Eine Barsoi-Hündin beobachtet die Szenerie und setzt zu einem Sprung an, um das Kaninchen zu rächen. In dem Sanitätsfahrzeug liegen vier noch unversehrte, menschliche Sätze auf ihrem Weg in ein Notizbuch. Dort angekommen werden sie sofort nach ihrer Niederschrift in Vergessenheit geraten. Bewusstsein ist eine vorübergehende Erscheinung, ontogenetisch wie phylogenetisch. Seine Existenz lässt sich zwar statistisch nachweisen, verlässliche Orte aber gibt es dafür nicht. Der Kampf um nachhaltige Datenspeicher ist nicht erst seit Kurzem entbrannt. Bauwerke halten dabei immer noch die Spitzenposition. Eine bearbeitete Ansammlung von Steinen repräsentiert langzeitlich mehr Bewusstsein als komplexe Kodierungen, für die alle Lesegeräte abhandengekommen sind." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1977) 

Zeichnung (134) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Ein Gefängnisaufseher öffnet den Sehschlitz zu einer Zelle von Zeit (t). Ihre Schnittstellen werden als Verlauf (n) in die natürliche Umgebung des schneebedeckten Fujis implantiert. An dessen Hang hockt ein Monteur, dessen Fußspuren in alternative Gegenwarten hinein verlaufen. Ein Zugang zur Zeit, der zuvor abgeschottet zu sein schien: Zeiteinheiten so flach wie nie, ihre Kombinationen als rohe Eier zu genießen. Beim Schnitt des Films Normalsatz wurden wachsende Cluster einzelner Einstellungen so miteinander verschweißt, dass sich die inselhaften Gebilde nicht mehr voneinander lösen ließen. Aus der Projektbeschreibung des Films aus dem Jahr 1978: '... Blickverschiebungen um ein Geschehen herum lösen einen einheitlichen Betrachterstandpunkt auf: Zurückschiften, Vergleiche, zeitkomprimierte Inserts, offene Ansprachen im Monolog, Stummheit, Raumtöne, Animationsteile, die sich aus Realteilen herauslösen und wieder in sie übergehen ...'. Das Kreuzworträtsel-Kaninchen läßt wie der Sätzesammler in Normalsatz einen inneren Code aufblitzen." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1982) 

Zeichnung (135) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Eine konstatierte Tierreihe, TPMS: Kröte, Fisch, Hund, Reptil – Tetrapoda (T), Piscis (P), Mammalia (M), Sauropsida (S). Das Pym-Logo als Pupille im gespiegelten Horusauge, dem Auge des Re. Maltesische Fischerboote tragen Horusaugen an ihrem Bug. Unten links zeichnet eine Stenografin das Logo positiv auf ihrem Notizblock ab. Rechts daneben ein von innen mit einem Bleistift durchbohrter, herausgezogener Augenlidmuskel, der jede Sicht nach außen verhindert. Gelangweilt spielen die Menschen Blinde Kuh und protokollieren dabei ihre Bewegungen. Sie hantieren mit Stäben und Fingern und ihre Blicke materialisieren sich auf Bahnen. Der Chef sitzt mit verbundenen Augen in der Mitte und darf mit dem Finger ins Leere oder auf Menschen zeigen. Innere Augen leiten die Entwürfe der Ingenieure, sie müssen auf Zuruf skizziert werden. So wurde die Visuelle Kommunikation als universales Gebet eine Abkürzung zum Tode und zum Protokoll letzter Anblicke. Ich habe etwas gesehen, aber weder bin ich gekommen, noch bin ich ein Sieger." (Aus: arsenal, mai 15).

(1983)

Zeichnung (136) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Uniformierte Werbung und werbende Uniformen. Der Kampf zwischen den Geschlechtern als mehr oder weniger unterhaltsame Zirkusnummer im Kaufhauskatalog. Für Homosexuelle schwer zu begreifen, es sei denn, man deklariert auch die graduellen Unterschiede innerhalb eines Geschlechtes als Kampfpositionen. In Stangen eingezwängte Paarungen von steifen Männershorts und glatten Frauenröcken. Die kurzen Hosen dabei als leere Avantgarde, bewacht von einer langen Anzughose im Hintergrund. In der Popkultur wird wieder „um einen Mann, einen richtigen Mann“ gebettelt werden, den man in den USA in Form des deutschstämmigen Donald Trump schon bekommen hat. Nichts gegen den klugen Friedrich Hollaender, der schon immer den richtigen Riecher hatte. Harvey Weinstein, der die Besetzungscouch zur Dusche umfunktionierte, wird als Jesus einer gediegenen Körperlichkeit wieder auferstehen, und seine Memoiren werden demnächst alle Rekorde brechen. Dann heißt es nicht mehr #MeToo, sondern nur noch: #IchWillMit." (Aus: arsenal, juli/august 18).

(1976)

Zeichnung (137) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Text under construction"

Schwimmer. 

(1978) 

Zeichnung (138) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Drei Frauen in einem Versandkatalog wenden dem Betrachter den Rücken zu und blicken auf den Horizont einer Wüste. Zu einer Zeit, als der Kaffee noch im Dreieck floß. Kommunikationsmittel erleben ihre größte Macht im Akt der Kommunikationsverweigerung. Wo alle gleich sind, kann nur noch die Mafia Hierarchien durchsetzen. Macht muß sich abschotten und unerreichbar sein, das ist eine ihrer Ingredienzien. Wenn immer die gleiche Geschichte erzählt werden soll - und die Produzenten des Erzählkinos bestehen auf dieser Prämisse -, kommt es nur noch darauf an, wer sie erzählt und die Tantiemen dafür einsteckt. Dem Nepotismus und den Schauspielerdiktaturen sind damit Tür und Tor geöffnet. Besonderheiten und soziale Relevanz lassen sich dann nur noch durch Geld ausdrücken, die Träger des Geldes werden selbst zu Ikonen. Ein repräsentatives Abbildungssystem, das in sich selbst rotiert. Das Publikum gilt darin als durchanalysiert und wird nicht an der Konstruktion der Geschichte beteiligt. Es ist zur ewigen Geldquelle mutiert." (Aus: arsenal, februar 10).

(1976) 

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