Zeichnung (159) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Text under construction"

To be cattle. Ein Douglas SBD Dauntless Sturzkampfbomber über Wake Island am 6. Oktober 1943 fotografiert von Charles Kerlee. Ein Bulle von hinten mit seinen Hoden. Ein wichsender Mann aus dem Magazin Inches mit einem Wurzelzeichen als Vorlage. Eine Pornomühle am Bach, durchkreuzt.

(2007) 

Zeichnung (160) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Der brasilianische Fußballspieler Leonardo Nascimento de Arauja im Weltmeisterschaftsspiel Brasilien gegen Chile, 1998. Er hebt seine Hände hoch und streitet damit ein Handspiel ab. Oben links und unten rechts umarmen US-Präsidentschaftskandidaten auf der Bühne nach einer öffentlichen TV-Diskussion ihre Trophy-Frauen, so als ginge es noch um ein geordnetes und ziviles Leben. Ein römischer Mosaikfußboden mit Darstellungen von Meeresfrüchten aus Pompeji, viermal um neunzig Grad versetzt: 1. Schwarz, 2. Grau, 3. Mit Zeichnung, 4. Weiß, und das Ganze schwarz durchkreuzt. Das römische All-over-Design bestimmt den Gesamteindruck der Zeichnung, ebenso wie das Konstrukt „Rom“ in den Demokratien der Neuzeit wieder sein Haupt erhoben hat. Die Relativierungstruppen stehen Gewehr bei Fuß, die Sklaverei hat nur vorübergehend an Ansehen eingebüßt und floriert auf allen Erdteilen. Wird sich das Wir-sind-das-Volk–Volk den Raubmord wieder als politisches Ziel setzen? Nichts Anderes verheißt die Logik eines nationalen Sozialismus." (Aus: arsenal, märz 19).

 

(1999) 

Zeichnung (161) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"ODE - SS - SA: Promis sind auf der Welt, um Geld zu verkörpern. Sie tun es in dem Bewußtsein, sich damit für uns aufzuopfern. Sie zeugen Kinder, weil sie die ersten Fotos von ihnen für viel Geld an Illustrierte verkaufen wollen. Dieses stiften sie dann für "gemeinnützige Zwecke". Das Geld, das sie durch eigene Zurschaustellungen verdienen, ist ihnen dafür zu schade. Weil sie prominent sind, fliegen sie, ohne dafür bezahlen zu müssen. Auch wenn man das nicht will, bekommt man sie überall zu sehen. Man kann sie deshalb aber nicht auf Schmerzensgeld verklagen. So bringen sie die Menschen in Rage, und sie müssen Bodyguards anheuern, weil sie sonst abgeschlachtet werden. Little Odessa: Sie hatten keine Idealmaße, aber für einen Auftritt in einem Touristik-Prospekt hat es gereicht - als hysterisch unerlöste, menschliche Wellenbrecher am Boardwalk von Far Rockaway auf Long Island. Ein Serienkiller bei der Arbeit: Eine aufgeschlitzte Frau, deren Eingeweide auf einen in Flammen stehenden Mann herabstürzen: Ich lösche deine Flammen mit meinem Blut." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1983) 

Zeichnung (162) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Eine schützende rechte Hand, deren Transparenz alles offenlegt. Die Arbeit des Sohnes (SON), die Penetration - als Industrie und beim Sex, jenseits von Jesus. Das, was um die Wende zum letzten Jahrhundert als Pornografie gehandelt wurde. Gezeichnet 1983, als der rauchende Schornstein zu einem Synonym für das Böse geworden war. Das Innere des Fleisches und Aschewolken, die die Sonne verdunkeln. Willkürliche Setzungen für Vexierbilder. Eine Frucht wahllos herausgreifen, sie verbieten und auf diesem Verbot einen Staat gründen. Die Bibel wäre so das Synonym für einen durchgehaltenen, negativen Blick. Moralischer Terror bereitet die Illusion einer allgemeinen Teilhabe an Gesellschaft. Diese Täuschung muß unbedingt aufrechterhalten werden, um die maßlosen Partikularinteressen an Gesellschaft zu verschleiern. Die wechselnden Verträge, die die Menschheit mit der Sexualität geschlossen haben, spielen darin nur vorübergehende Rollen. Sie als Herrschaftsinstrument einzusetzen, bleibt staatspolitisch aber anhaltend genial." (Aus: The End, Disko 22, 2011).

(1983) 

Zeichnung (163) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Im Hintergrund die Rückseite des befleckten Briefumschlages, auf die der im Sterben liegende Marcel Proust Notizen über das Sterben anfertigte, einzufügen in die Beschreibung des Sterbens seiner Großmutter in Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Wer den Roman liest, wird im Band Die wiedergefundene Zeit die scharfsinnigste Filmtheorie vorfinden, die je verfasst worden ist. 'Es gibt optische Täuschungen in der Zeit ebenso gut wie im Raum.' Nie ist die Verfasstheit des Betrachters, auch Rezipient oder Konsument geschimpft, genauer in die Balance zwischen sichtbarer Welt und innerem Bild eingeführt worden. Davor eines der ersten männlichen Modelle in den 70er Jahren, das seinen Rücken freilegt, um für Parfüm zu werben. So zärtlich fing sie an, die Gleichberechtigung der Objekte. Im unteren Bildteil der Umschlag eines großen Skizzenheftes aus dem April 1984 mit dem Abbild eines beschmutzten Sessels. Davor eine triumphierende, chinesische Fahnenschwingerin." (Aus: arsenal, mai 09).

(1984) 

Zeichnung (164) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Auf eine Fahne in einem Kreis hat ein Schwimmtrainer mein Programm für das Jahr 1985 skizziert: Agony-Pain-Hurt-Comfort - Agonie, Schmerz, Verletzung und Trost. Drei stark vergrößerte Hausstaubmilben kriechen über das waffelförmige Bild. Hinter dem Gitter ein Ausschnitt aus meiner Bildcollage Die Hände bei Tom of Finland von 1986. Daß Oberflächen nicht oberflächlich sind, und Inhalte nichts beinhalten, ist das Ergebnis jeder näheren Betrachtung. Blicke durchdringen alles, weil sie selbst immateriell sind und nicht durch das zu stoppen sind, was gemeinhin als Materie gilt. Materie zersetzt sich in einer Zeit, die zu durchschauen ist. Der Blick wird dadurch zum einzigen Träger einer sich selbst zersetzenden Zeit. Außerhalb seiner Bahnen gibt es für sie keine Existenz. Sie geht dabei immer wieder in ihr Nichtsein über wie der Schmerz eines Trainings. Eben noch war die Haut gespannt und glatt, jetzt hängt sie schlaff herunter. Sich an ihren Inhalt zu erinnern, ist nur noch witzlos. Das Blut geht inzwischen andere Wege." (Aus: arsenal, november 12).

(1997) 

Zeichnung (165) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"T(o)n, A.I.R., L(uf)t, Meer, Magma. Satz, Traum. Eine vernetzte Nervenzelle, Gebeine, negativ mit einem Paar im Whirlpool, positiv als Stein: Wie selten klar und entschieden im Schlaf das Wesen der Schrift erscheint. Der Sinn eines Satzes als etwas von hinten durch die Zeit Aufgerolltes. Seine Behauptungen ein lebendiges Netz realer Verstrickungen. Hier ist die Geschichte wirklich und nicht zum Klischee erstarrt. Das Gehirn scheint sich im Zustand des Alterns auch in dem Sinne in Auflösung zu befinden, daß Materie aufgelöst wird – ein Akt der Aufklärung. Die Zeit löst die Rätsel der eingelagerten Erscheinungen durch Gegenbilder, die sich mit den ursprünglichen verzahnen. Paare, die sich gegenseitig auslöschen wie Antimaterie und Materie. Das Gehirn löst sich im Rahmen seiner Bedingungen auf. Endlich auch die Antwort auf die Frage: Wie kann das Wissen ertragen werden? Das Wissen ist Auflösung – eine Verwahrlosung, die man der Kunst schon immer vorgeworfen hat. " (Aus: arsenal, november 09).

(1996) 

Zeichnung (166) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Der Drehort des Films Demon in Hamburg, Zippelhaus 6, seitenverkehrt mit den leeren Stühlen und den Blickrichtungsangaben für die Sprecherinnen der deutschen und englischen Übersetzungen und das französische Original des Gedichtes Le Demon de l'Analogie von Stéphane Mallarmé. Die Zeichnung intoniert die Passagen des Prosagedichtes zu Flügeln und Palmenzweigen. Ein Kreuz gebildet aus den Flügeln eines Airbusses beherrscht den damaligen Raum als Kalauer. Gegenüber den Wörtern sind die Bilder Täter, straffällig verweisend auf Geschwindigkeit und Bewegung im Gehirn, auf anzusehende Produkte, die ihre Zeit auf Flächen entfalten. Diese Zeichnung ist ein Song und wurde auch so produziert. Ich miete für eine bestimmte Zeit ein Studio, füge verschiedene Töne zusammen und komme mit zehn oder zwölf Songs wieder daraus hervor, ohne zu wissen, ob einer und welcher davon ein Hit wird. Die zu 90 Grad positiv und negativ versetzte Palme stand 1993 vor dem Hotel Continental in Tanger. Im Vordergrund auch die hafenseitige Balkonbrüstung des Hotels." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1993) 

Zeichnung (167) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"In Hamburg, 1975, als es noch "Leitmedien" gab.  Manchmal kam es vor, daß sich am Eingang zur Tiefgarage des Spiegel-Hauses an der Hamburger Brandstwiete eine Frau mit einem Umschlag in der Hand postierte, den sie wie ein Schild vor sich hielt und auf dem geschrieben stand: "Für Rudolf Augstein persönlich".  Der Wachtturm? Die Mutter von Julian Assange? Als würde das einen Unterschied machen. Dazu ein Traum, geträumt in der benachbarten Kleinen Reichenstraße: R = Es beginnt zu regnen. Drei Radfahrer schweben auf einem Ring aus Stahl an einem Fallschirm ins Meer. Ein fahrerloser PKW rast die Küstenstraße entlang. Vor seiner Windschutzscheibe ist ein schwarzes Tuch aufgespannt, in das von allen Seiten her Blitze einschlagen. Auf seinem Rücksitz sitzt ein Geschäftsmann auf einer Erbse. Nebenan im Afrikahaus druckt Hermann Gremliza in konkret die von mir in Kalifornien übersetzten, wirren Schriften von Charles Manson ab. Um ganz sicher zu gehen, lässt er dazu den DKP-Frischling Martin Walser eine bewahrpädagogische Einführung schreiben." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1975) 

Zeichnung (168) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Unten links das Zitat einer Zeichnung von 1956, eine Sandkiste mit Kindern und Spielsachen darin, dahinter ein Sprungbrett. Vom Rand der Kiste aus werden peruanische Erdzeichen projiziert. Zu erkennen sind die Konturen eines Mannes, der eine weit ausladende Armbewegung ausführt und die eines Holzhauses mit vier Appartements. Das Haus stand in Johnson City im Staat New York, 1974,  und die Wohnung oben links war 'ein Platz zum Weinen und zum Warten auf die Morgendämmerung ... exklusiv reserviert für Durchreisende, die keine andere Wahl hatten, überseht mit rotbraunen Insekten und Wanzen, die auf den Betten und an den Wänden entlangkrochen.' So jedenfalls hat Josef von Sternberg den Schlafraum im Hamburger Hafen beschrieben, in dem er als Siebenjähriger vor seiner Überfahrt nach Amerika ausharren musste. Eine Turmspringerin im einteiligen Badeanzug durchdringt diese Zeichen mit einem Kopfsprung in schweres Wasser. Darin spiegelt sich das Innere der Sandkiste als Nachbild." (Aus: arsenal, november 08).

(1977) 

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