Die Basis des Make-Up

Die Basis des Make-Up

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Zeichnung (16) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Ein Stealth-Bomber verharrt im Tiefflug über den Ortskoordinaten eines kommenden Ereignisses. Ein Tintenfisch ist als Religionsstifter an ein 'Kreuz' genagelt worden. Die Holzkonstruktion wurde seinem Körperbau angepasst. So wie auch das Kreuz der Christen die menschlichen Maße ihres Gottes abstrahierend nachvollzieht. Aber Tintenfische nageln sich nicht gegenseitig an Kreuze. Wie auch ein im Bett liegender, schlafender Mensch nicht zu einem Emblem für eine Religion werden könnte. Es fehlt die Dramatik des erduldeten Schmerzes, des ertragenen Verrates und der universalen Vergebung - das Elixier ihrer Existenz, ein Realitätsbewusstsein, das alles verzehrt und verzerrt. Ein menschliches Paar hält sich im freien Fall aus dem Nordturm des World Trade Centers an den Händen, kurz bevor es auf einem Sarg aufschlägt. Der Sarg ist von einem artifiziellen Flammenmeer umgeben. Noch sind an seinen Seitenflächen Muster eines kaukasischen Graf-Teppichs aus dem 15. Jahrhundert erkennbar. Unzerstörbar in jenem Universum, untröstlich vorbei in diesem." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(2007) 

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Zeichnung (15) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Der Bug eines Totenschiffes im Indischem Ozean mit zwei Riesentränen aus Murano-Glas an einem Balancierstab. Ein klarer Horizont, das Meer ist leicht bewegt. Vor der Lichtseite des Schiffes die Silhouetten dreier Fallschirmspringer kurz vor ihrem Aufschlag auf der gekräuselten Wasseroberfläche. Sie haben nicht rechtzeitig an ihren Reißleinen gezogen. Aus der Ferne nähert sich in Überschallgeschwindigkeit ein amerikanischer Stealth-Bomber. Eine Holzkonstruktion, an die eine Riesenkrake genagelt werden soll, ist als 'Kreuz' auf einem Felsen errichtet worden. Ein kleiner Junge in kurzen Hosen nuckelt traumverloren an der Bordüre eines Teppichs, mit dem er sich einzuhüllen versucht. Ein Traum ohne Schwerkraft, Tote, Folter, Tränen und Religionen. Noch ist nichts geschehen, und es herrscht eine Stille wie die zwischen dem Abwurf und dem Einschlag einer Bombe. Eine alternative Gegenwart steht unmittelbar bevor. Es bleibt fraglich, in welches Bewusstsein sie vordringt. Wie auch das Bewusstsein fraglich bleibt, in das sie eindringen wird." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(2007) 

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Zeichnung (13) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Orvieto, 13. September 1990. Himmel und Hölle, Wiederauferstehung. Auf der Suche nach einem von Pier Luigi Nervi erbauten Flugzeughangar aus den 30er Jahren. Wahrscheinlich existiert das Gebäude nicht mehr. Hier die Tragkonstruktion des Daches mit der Toraufhängung. Rechts schlägt ein Skispringer in korrekter Körperhaltung kopfüber in den Boden. Links assistiert ein Geburtshelferengel der schwarz eingefärbten Seele des Grafen Orgaz aus El Grecos Gemälde Die Beerdigung des Grafen Orgaz dabei, in den Himmel zu schlüpfen. Auf Gegenkurs dazu die brennenden Reste eines einmotorigen Sportflugzeuges. Das Wort Ordet ist in seiner Typographie aus der Titelsequenz des Films Ordet (Das Wort) von Carl Theodor Dreyer übernommen. Im Film erscheint es negativ in eine jütländische Landschaft mit Strohdachhaus einkopiert. Die Schrift bildet dort ein Gegengewicht zu den hellen Wolken am düsteren Himmel. Auch im Filmtitel steht nach dem Wort ein Punkt. Das Scheitern und dann eine Erleuchtung, wie eine Behauptung, als Ereignis." (Aus: flypaper #5, 2010).

(1999) 

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Zeichnung (368) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Ein Blick in den Raum unter meinem Schreibtisch in 100 Hudson Street, 1974. Briefe, Hefte und Bücher in einer Schublade und auf dem Tisch. Jaune - ein Wort auf einem Stück Stoff, aufgelesen im Garment District der Stadt. Eine Matrix und die Kombination ihrer einzelnen Teile, drei abgetragene Schuhe auf Linoleum. Die Komik, sich von den eigenen, geklonten Einzelteilen wie von Satelliten umzingelt zu sehen. Keine lineare Story, sondern eine in ihren logischen Möglichkeiten kreisende Wiederholung. Den Objekten wird der Boden unter den Füßen weggezogen. Der Raum verliert seine Stabilität und wechselt von Ausschnitt zu Ausschnitt seine Perspektive. Die Balance auf der Fläche des Bodens erscheint extrem gefährdet. Die Schuhe schonen Haut und Knochen und sind obendrein Gewichte, die den Körper mit dem Boden verhaften. So schlagen einem die Füße nicht hinter dem Kopf zusammen. Ein irgendwie aufrechter Gang wird möglich, wie alles Menschliche längs einer Achse organisiert, die den Anschein von Spiegelsymmetrie bietet." (Aus: flypaper #5, 2010).

(1975)

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Zeichnung (365) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Text under construction"

Aus den von Mouches Volantes umgebenen Balken tauchen Erinnerungen an Hände mit Tassen und Reihen von Koffern auf. Trinken und Reisen, zusammengefaltete Hemden. 

(1976) 

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Zeichnung (153) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Text under construction"

Klappe. 

(1997) 

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Zeichnung (123) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Ansicht des Fuji mit großer Socke unter Kriechstrom. Zwei überdimensionale Bleistifte zeichnen eine Virtual Reality: Ein bewachter Spielplatz mit hohen Gräsern und ameisengroßen Kindern - wippend, schaukelnd, rutschend, rollernd und Puppenwagen schiebend - eine Wunschvorstellung meiner kindlichen Phantasie. Warum schlug mich mein Vater nicht, wo doch alle Nachbarskinder geschlagen wurden? Tickte er etwa nicht richtig? Aufwachsen in einer ruinierten Welt. Wir gingen durch das zerstörte Bremen, so als würde jede Generation eine Stadt zerbomben dürfen, nur um sie dann wieder aufzubauen. Realer Spielplatz: Auf dem Schrottplatz neben unserem Haus wurden verbogene Eisenteile aus der zerbombten Stadt gesammelt. Leibchen aus kratziger Wolle und schweißtreibende Hemden und Socken aus Perlon machten mir die Hölle heiß. Ich streichelte meine Haut und schwor mir, dass sie nie altern solle, auch wenn ich kein Kind mehr wäre. Noch heute bringt mich der Anblick eines Kindes bei der Vorstellung zum Weinen, selbst wieder eines sein zu müssen." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013)

(1977) 

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Zeichnung (112) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Achim, Ende der 50er Jahre: Ich baue mir ein Stativ aus drei zusammengebundenen Bambusstöcken und eine Filmkamera aus einem Schuhkarton. Der Pappkern einer Toilettenpapierrolle bildet das Objektiv. Wir beginnen mit der Wiederverfilmung von Josef von Sternbergs Dishonoured am südlichen Hang des Bahndamms. Hamburg, Eppendorfer Marktplatz, 1974: Eine im Raum schwebende Sahnespritztüte querab zum Stoffüberwurf des Tipi-Memorials für Sergej Eisenstein, Josef von Sternberg und Marlene Dietrich, das auf den verrutschten Modulen eines billigen Sisal-Teppichs steht. Auf dem am Bettbezug angebrachten Triple-Portrait sind nur meine Favouriten von Sternberg und Dietrich sichtbar. Im Hintergrund eine Aufführung meines Films Schenec-Tady in einem leeren Kino mit Balkon und Parkett. Ich liebe Nachmittagsvorstellungen in leeren Kinos, das intime und ungeteilte Beisammensein mit einer verwandten Form von Energie. Kollektive Kinoerlebnisse sind ein Greuel und so deppert wie Theaterstücke, bei denen Zuschauer zum Mitmachen animiert werden." (Aus: The End, Disko 22, 2011).

(1983) 

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Zeichnung (111) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Hamburg, 1983, ich erinnere mich genau: Der Score zum Film Schenec-Tady III in einem Bilderrahmen an der Wand eines trüben Zimmers im Frühjahr 1974. Aufbruchstimmung, eine Pyramide aus Stäben über einem Acker, den ein Dampfschiff durchkreuzt, ein Tipi-Zelt aus dreckiger Bettwäsche in Gedenken an die Triole Eisenstein-Sternberg-Dietrich 1930 in Hollywood, schwarze Lederfetzen an der Wand und negativ auf der Haut eines nackten Maori-Kriegers, der zum Schleudern seines Wurfspießes ansetzt. Eine ausgesprochene Abneigung gegen eine zentrale Perspektive. Große Leerstellenbesetzung in der BRD-Kultur, Null folgt auf Null. Dagegen ein verzweifelter Eklektizismus als letzte Waffe der Selbstbehauptung, die ganze Strecke zwischen Ein Schiff wird kommen, und das bringt mir den Einen bis hin zu Und das Schiff mit acht Segeln und mit fünfzig Kanonen wird entschwinden mit mir. Komme gerade nachts von einer polizeilichen Gegenüberstellung aus St. Pauli zurück, bei der mein Klappmesser in der Hosentasche nicht entdeckt worden ist." (Aus: The End, Disko 22, 2011).

(1983) 

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Zeichnung (71) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Syracuse, 11. Juni 1999. Abschluß der Verhandlungen mit der Syracuse University über die Duplizierung des dortigen Oral History of TV–Archivs. Zu befürchten ist, daß das hiesige Fernsehen in den nächsten Jahren in allen Programmteilen so arrogant selbstvergessen und zugleich provinz-narzißtisch selbstreferentiell agieren wird, daß unser Projekt scheitern könnte. Die Autorentheorie auf deutsche Fernsehproduzenten anzuwenden, ist tatsächlich kaum vorstellbar. Stattdessen gezapped: Ein pilgernder Kapuzenmann mit einem Holzkreuz auf der Schulter und einem Loch im ornamentierten, maßgeschneiderten Schuh, die Clintons auf einer Wahlveranstaltung am Ende eines roten Teppichs, eine vom Himmel fahrende Rolle Auslegeware, das Röntgenbild eines Lastwagens mit darin versteckten Kosovaren auf dem Zollamt von Calais. Ewige Kommissars-Duos an der Spitze unserer durchsubventionierten Schauspieler-Despotien: der auf den Punkt gebrachte Staat mit seinem heruntergebrochenen Volk." (Aus: arsenal, oktober 2009).

(1999) 

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