Die Basis des Make-Up

Die Basis des Make-Up

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Zeichnung (149) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"1975. Wir waren durch die Toll Booths des New Jersey Turnpikes gefahren, ohne zu bezahlen. Drei Polizeiautos verfolgten und stoppten uns, keiner von uns hatte einen Führerschein dabei. Ich weiß nicht, welche Geschichte Sheila McLaughlin den Polizisten erzählt hat, aber sie ließen uns weiterfahren bis nach Stone Harbour südlich von Atlantic City, in ein Holzhaus am Atlantischen Ozean, das inzwischen von einem Biest von Wirbelsturm ins Meer gerissen worden ist. Tim Kennedy sitzt auf der Kühlerhaube unseres Wagens, Silke Grossmann und Gary Woods stehen daneben und Sheila kommt mit der Schale eines Horseshoe Krebses vom Strand zurück. Ich kann mich an nichts erinnern, und doch ist alles gegenwärtig, eine Relation zwischen Wolken und Tischen mit halbgelesenen Büchern darauf. Wir rauchten Gras und mein Gehör reagierte auf das kleinste Geräusch mit Schmerzen. Zwei Doppelbetten und ein einzelnes Bett wurden aufgeschlagen. Eine halbleere Flasche stand auf dem Tisch. Der Ton einer Unterhaltung an einem Tisch schwebte im Raum, unerträglich laut." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1977) 

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Zeichnung (147) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Ein Brainstorm auf einer Holzterrasse am Atlantik in Stone Harbour, New Jersey, 1975. Der Ursprung - A WELL - meiner Miscellanea-Filme ist die Zeichnung La Pelouse von Georges Seurat. Deren Kohlepartikel kommentieren die jeweiligen Aktualisierungen der Welt durch Rasterpunkte und Codes: vom Konkreten zum Abstrakten und wieder zurück, eine komplette Virtualisierung. Ausgehend von einem arabischen Hammam die Beschreibung einer imaginären Wanderung, im Uhrzeigersinn: der von Touristenbooten ausgeleuchtete Cruisingpark am Quai d'Austerlitz in Paris, Gabriele d'Annunzios Vittoriale am Gardasee, eine Lockheed T-33 an einem Swimming Pool in Del Rio, Texas, das Gemälde Die Beerdigung des Grafen Orgaz von El Greco in Toledo, die endlichen Variationen zweidimensionaler Unendlichkeitsmuster auf den Kacheln der Alhambra in Granada, Auguste Rodins Porte de l'enfer in Zürich, die Ruinen von St. Pere de Rodes in den Pyrenäen, die Fahrten des US-Flugzeugträgers Ticonderoga im II. Weltkrieg und der architektonische Brutalismus im saudi-arabischen Rhiad." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1994) 

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Zeichnung (141) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Ein Hotel in Galveston, Texas 1989, das Ende der Welt. Ein Sturm fährt durch die verbrannte Landschaft von Iwo Jima. Eine Riesenwelle ist im Anmarsch auf eine Hütte auf Stelzen. Darüber ein dicht über dem Boden schleifendes, enthäutetes Gesicht, dessen Stirn in die schwarzen Orkanwolken hineinreicht. Aus dem Antlitz quellen Adern, Nervenstränge und Muskeln, an denen wilde Hunde zerren. Die Augen sind geschlossen, das Gesicht verharrt in gleichgültiger Trance. Der Wirt und die Bedienung der Melancholie ist der Mensch. Er vererbt und überträgt sie. Die Zeit als einen Stoff begreifen, der verschiedene Texturen aufweist. Sie gleitet vorbei, und sie ist sperrig. Die Verwahrlosung der Zwischenräume. Ich sah mich wochenlang zu festgesetzten Zeiten am Tag den Hund ausführen. Dazwischen eine Raserei von Zeit, die es mir unmöglich machte, mich an irgendetwas zu erinnern. Ich lebte in einem Zeitraffer. Ich habe spät begriffen, daß die Zeit ein Geschenk ist. Aber dieses Wissen konnte sich gegenüber ihrem Tun nicht behaupten." (Aus: flypaper #5, 2010).

(1997) 

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Zeichnung (138) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Drei Frauen in einem Versandkatalog wenden dem Betrachter den Rücken zu und blicken auf den Horizont einer Wüste. Zu einer Zeit, als der Kaffee noch im Dreieck floß. Kommunikationsmittel erleben ihre größte Macht im Akt der Kommunikationsverweigerung. Wo alle gleich sind, kann nur noch die Mafia Hierarchien durchsetzen. Macht muß sich abschotten und unerreichbar sein, das ist eine ihrer Ingredienzien. Wenn immer die gleiche Geschichte erzählt werden soll - und die Produzenten des Erzählkinos bestehen auf dieser Prämisse -, kommt es nur noch darauf an, wer sie erzählt und die Tantiemen dafür einsteckt. Dem Nepotismus und den Schauspielerdiktaturen sind damit Tür und Tor geöffnet. Besonderheiten und soziale Relevanz lassen sich dann nur noch durch Geld ausdrücken, die Träger des Geldes werden selbst zu Ikonen. Ein repräsentatives Abbildungssystem, das in sich selbst rotiert. Das Publikum gilt darin als durchanalysiert und wird nicht an der Konstruktion der Geschichte beteiligt. Es ist zur ewigen Geldquelle mutiert." (Aus: arsenal, februar 10).

(1976) 

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Zeichnung (137) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Text under construction"

Schwimmer. 

(1978) 

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Zeichnung (134) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Ein Gefängnisaufseher öffnet den Sehschlitz zu einer Zelle von Zeit (t). Ihre Schnittstellen werden als Verlauf (n) in die natürliche Umgebung des schneebedeckten Fujis implantiert. An dessen Hang hockt ein Monteur, dessen Fußspuren in alternative Gegenwarten hinein verlaufen. Ein Zugang zur Zeit, der zuvor abgeschottet zu sein schien: Zeiteinheiten so flach wie nie, ihre Kombinationen als rohe Eier zu genießen. Beim Schnitt des Films Normalsatz wurden wachsende Cluster einzelner Einstellungen so miteinander verschweißt, dass sich die inselhaften Gebilde nicht mehr voneinander lösen ließen. Aus der Projektbeschreibung des Films aus dem Jahr 1978: '... Blickverschiebungen um ein Geschehen herum lösen einen einheitlichen Betrachterstandpunkt auf: Zurückschiften, Vergleiche, zeitkomprimierte Inserts, offene Ansprachen im Monolog, Stummheit, Raumtöne, Animationsteile, die sich aus Realteilen herauslösen und wieder in sie übergehen ...'. Das Kreuzworträtsel-Kaninchen läßt wie der Sätzesammler in Normalsatz einen inneren Code aufblitzen." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1982) 

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Zeichnung (133) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Das neben dem Fuji aufgehende Logo von Pym Films mit dem Fenstergitter, durch das Willy Kühne 1878 ein Kaninchen starren ließ, das er dann schlachtete, um dessen lebendfrische Netzhäute zu ernten - auf seiner Jagd nach dem letzten Bild, dass sich im Tode in diese biochemisch eingebrannt hatte. Eine Barsoi-Hündin beobachtet die Szenerie und setzt zu einem Sprung an, um das Kaninchen zu rächen. In dem Sanitätsfahrzeug liegen vier noch unversehrte, menschliche Sätze auf ihrem Weg in ein Notizbuch. Dort angekommen werden sie sofort nach ihrer Niederschrift in Vergessenheit geraten. Bewusstsein ist eine vorübergehende Erscheinung, ontogenetisch wie phylogenetisch. Seine Existenz lässt sich zwar statistisch nachweisen, verlässliche Orte aber gibt es dafür nicht. Der Kampf um nachhaltige Datenspeicher ist nicht erst seit Kurzem entbrannt. Bauwerke halten dabei immer noch die Spitzenposition. Eine bearbeitete Ansammlung von Steinen repräsentiert langzeitlich mehr Bewusstsein als komplexe Kodierungen, für die alle Lesegeräte abhandengekommen sind." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1977) 

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Zeichnung (128) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"In der hintersten Ecke des Universums eine Backsteinmauer, die im Winkel von neunzig Grad auf eine glatte Betonwand trifft. In den nassen Putz der Wand hat ein spielendes Kind den Abdruck seiner Schuhsohlen verewigt. Die dritte Seite der Kubusecke ist mit Bodenfliesen gepflastert. Die Szenerie zielt auf Unendlichkeit ab und wird nur leicht verdeckt von einem mit Sternzeichen bestickten Gazeschleier. Im Boden ein schwarzes Loch in Form einer billigen Badezimmermatte mit Troddeln, an der Wand verschraubt eine Metallschaukel. An ihrem unteren Ende ist ein nach beiden Seiten offener Stahlzylinder angebracht, eine Selbsttötungsanlage. Wenn man sich mit dem Kopf voran so in die Röhre hineinzwängt, dass er auf der anderen Seite wieder herausschaut, kann man ihn mit vollem Schwung an die Mauer rammen und sich das Genick brechen. Mit der umgelenkten Schwerkraft als anthropologischer Grundkonstante im Rücken. So sieht sich das Kind auf der Stelle stehen in dem Wunsch, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, am Ende der Zeit." (Aus: flypaper #5, 2010).

(1976) 

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Zeichnung (127) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Ein zerklüfteter Horizont mit einem Spaltkreuz und einer Isolationszelle unter den Sternbildern Zwillinge, Fische, Stier, Pegasus, Drache, Andromeda, Wassermann und Orion am nördlichen und Centaurus am südlichen Himmel. Dazu das Psychopharmaka-Duo Castor und Pollux als Gestirn. Das Kreuz hat sein menschliches Maß verloren, der Spaltmechanismus übernimmt die Tötungsfunktion. Ein durch abschüssige Betonflächen eingefasstes Loch in der Landschaft, die Öffnung einer ausgetrockneten Zisterne. Vier blutrote Teppichbahnen laufen darauf zu. Fünf männliche Figuren aus Granit schreiten im Gänsemarsch ans Loch: 'Kennen wir uns nicht? Wir sollten uns doch kennen!' Walter Benjamin über Die Verlassenen von Karl Kraus: '... voneinander sind sie es. Aber - das ist ihr großer Trost - sie sind es auch miteinander. Auf der Stelle zwischen Stirb und Werde halten sie inne. Rückwärts gewandten Hauptes nimmt die Lust nach unerhörter Art ihren ewigen Abschied: ihr abgewandt betritt nach ungewohnter Weise die Seele ihre Fremde wortlos.'" (Aus: flypaper #5, 2010).

(1976) 

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Zeichnung (126) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Ein Themenbild zum Film Normalsatz: Ein Hackbeil über dem Fuji, den meine abgetrennte rechte Hand mit theoretischen Überlegungen zum Film beschriftet. Mit seinem oberen Ende durchbohrt der Bleistift ein Kaninchen, das aus einem Fenster sieht. Stillgelegte und im Moment des Todes eingebrannte Sätze und Blicke, davon handelt der Text: Tod-Death und die passive Arbeit der Ohren, die die Sphären von Leben und Tod vermischt. Dazu die Phasenzeichnungen eines Spaltkreuzes, das im Umklappen den Leib des Kaninchens zweiteilt. Ein Opfer im Namen einer Wissenschaft, die nichts als schon Gewußtes bestätigt. Die Genese des Pym-Logos verdankt sich den Schemen auf der Retina des Kaninchens. Das in ihr eingebrannte Bild wirft einen Schatten über meine Hand und die Narben auf dem Armstumpf. Die schwarzen Felder eines Kreuzworträtsels in der Form eines Kaninchens, wie es in der Osterausgabe der New York Times 1979 abgedruckt war. Ein weiteres Beil, diesmal aus Fleisch gefertigt, und das Sanitätsfahrzeug, das vier ins Gehirn transportierte Sätze anzeigt." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1982) 

Siehe auch Zeichnung (99).

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