321

Zeichnung (321) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

Wüste, deutsch und englisch, mit fliegendem Geräuschteppich. Soldat nach der Kapitulation in Berlin auf den Trümmern des Reichstages.

(1999)

"Berlin, 11. Oktober 1993. Adverbienwüste, deutsch, fliegender Teppich im Anschnitt und Soldat am Kapitulationstag auf den Trümmern des Reichstages. Der erste Tag in Berlin nach dem Wegzug aus Hamburg. Wie anhaltend ganze Stadtteile – Dahlem, Zehlendorf, Westend bis hin zum Lietzensee – in meinem Gehrin nach III. Reich stinken, wie stark sie die Heimeligkeit der blutigen Operettenherrschaft noch vor sich hertragen. Das Projekt der nächsten Jahre heißt Rückzahlung des durch 'Der Zynische Körper' zustandegekommenen Schuldenberges. Er konnte nur zum Teil durch Schauspielerei in Stalingrad abgetragen werden. Und doch ist die List der Vernunft, die zu dieser Gegenrechnung geführt hat, die reinste Gnade. Der absolute Ekel vor der Filmkamera bleibt. Keine Ahnung, was danach kommt." (Aus: Das schwarze Schamquadrat, 2002).

"Kladno, 11. Juli 1992. gestern auf dem Flug nach... 

... Prag einen Sportler namens Hubert angestarrt, das heißt seinen Rücken und seinen Oberkörper. Die Haut in seinem Gesicht war zum Zerreißen gespannt. Dieser Ehrgeiz, was für eine Verschwendung. 'Queer Nation' und 'Third World' und immer wieder die Karikatur des Geschäftslebens. Vilsmaier hat im Winter die Großaufnahmen vergessen. Jetzt sitzen wir in der Sommerhitze in einem Krater des Stahlwerks und spielen, daß wir frieren. Thomas bewirft den tschechischen Produzenten so manisch mit Steinen, daß ich einen Lachkrampf bekomme. Angeblich steht auf dessen Schreibtisch ein gerahmtes Foto, das seinen Vater zusammen mit Heydrich zeigt. Meine Haut als Projektionsfläche meines Vaters. Meine Gedanken versuchen, ihn von innen auf meine Haut zu projizieren. Aber dieser indignierte Blick auf der Leinwand, war das nicht der meiner Mutter? Das Bewußtsein von Beleidigung und Verrat und die eigene Machtlosigkeit für immer in sich eingeschlossen. Das Wissen über den zugewiesenen Platz und seine Ausweglosigkeit. Das Wissen der Eltern über ihren Sohn als jungen Soldaten: Er liebt uns nicht, weil er das Leben nicht liebt. Ein Entwicklungstrauma der Seele wie der Knochen. Hier verdeckt der Tod des jungen Soldaten sein späteres Elend. Das ist das Wesen des gelobten Opfers, darin wird er allgemein anerkannt. Wir sind ihn los, wir können ihn feiern. Ein Leben verhunzt durch Scham. 'In performance, Michio Ito kept his face immobile so that personality was excluded and idea enhanced.' Beim Spielen regte sich nichts in seinem Gesicht. Jeder Anschein von Persönlichkeit blieb ausgeschlossen, jede Idee darüber aufs Äußerste gespannt." (Aus: Das schwarze Schamquadrat, 2002). 

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