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Zeichnung (110) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Eine weitere Skizze von Mitarbeitern der Hamburger Baubehörde soll uns lehren, dass eine Pyramide der Welt der Geometrie zuzurechnen sei. Daneben ragt das Detail eines Ornamentes aus einem persischen Gartenteppich ins Bild. Im Hintergrund das Scoreblatt zu den Filmen Schenec-Tady I und III, die im März und April 1973 auf 16mm-s/w-Film aufgenommen worden sind, mit dem 360-Grad-Panorama einer frisch geschlagenen Waldlichtung am Hasenkopf im Taunus, auf der später ein Wasserwerk errichtet wurde. Die Partitur für das Filmprojekt habe ich im Herbst 1972 geschrieben. Schenec-Tady II wurde im Herbst 1973 in Farbe in einer Dünenlandschaft an der Nordsee gedreht. Die weiße Silhouette eines Flüchtlingstrecks zerteilt das Bild im Goldenen Schnitt. Die weiteren Filme Arrowplane und Tide, deren Scores als Unterthemen den Horizontalschwenk abhandeln, sind im ersten Halbjahr 1974 in Hamburg und Dänemark entstanden. Auf dem Sockel ein Waldschrat mit verhülltem Kopf, Bohnenstroh, Hockeyschläger und Holzschuhen - das Portrait meiner damaligen Verfassung." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1988)

"Ich habe die Partitur für das Filmprojekt, das später den Titel Schenec-Tady bekam, nach einer langen Experimentierphase im Herbst 1972 geschrieben. Drei Filme sind aus diesem Scores hervorgegangen. Zwei davon – Schenec-Tady I und III – wurden vom 28. März bis 2. April 1973 auf dem Hasenkopf im Taunus, auf einer Waldlichtung, die für ein zukünftiges Wasserwerk geschlagen worden war, in Schwarzweiß aufgenommen. Den dritten Film, Schenec-Tady II, habe ich in Farbe in einer Dünenlandschaft nahe Oksboel in Dänemark gefilmt, wahrscheinlich im Herbst 1973. Zwei weitere Filme, Arrowplane und Tide, deren Scores als Unterthemen der Schenec-Tady–Serie den Horizontalschwenk direkt abhandeln, sind erst im ersten Halbjahr 1974 in Hamburg und Dänemark entstanden. Zum Titel Schenec-Tady kam die Serie im Februar 1973. Ich hatte in Hamburg auf der Straße einen Stapel amerikanischer Postkarten aus den 30er Jahren gefunden. Diese von der Curt Teich & Co Inc. in Chicago hergestellten Karten reproduzieren grellfarbene Vollretuschen von Landschaften in den USA. Einige davon trugen die Aufschrift A Scene Near Schenectady, N.Y.. Der stottrige Klang des Namens – wie sich erst viel später herausstellte ein indianisches Wort für Schöne Aussicht – überzeugte mich ebenso wie die absolute Künstlichkeit der Landschaftsdarstellungen. Ich hatte eine Ausbildung zum Fotoretuscheur hinter mir und das schreiend Nicht-Authentische der Karten war mir im Sinne einer konstruktiven Aufklärung sympathisch. In den Notizbüchern aus der Drehzeit des Schenec-Tady–Projektes tauchen außer Buster Keaton, Jack Smith und Josef von Sternberg keine Namen von Filmemachern auf. Als bildende Künstler nur Francis Picabia, Giovanni Fattori und El Lissitzky. Dafür wurden viele Werke von Schriftstellern zitiert, so als sei in der Literatur ein größerer Fundus an Modellen für die Lösung der auch im Film virulenten logischen Probleme bei der Darstellung simultaner Ereignisse aufzufinden. Flaubert, Philip K. Dick, Rimbaud, Edgar Poe – 'I have graven it within the hills, and my vengeance upon the dust within the rock' – und immer wieder Proust, der bis heute genaueste Filmtheoretiker – 'Es gibt optische Täuschungen in der Zeit ebensogut wie im Raum'. Was mich damals am meisten bewegte, waren ein paar Verse aus Shakespeares Macbeth, Act IV, Scene I, Apparition of Child Crowned: 'Macbeth shall never vanquish'd be until Great Birnam wood to high Dunsianehill shall come against him.' Eine der raffiniertesten Prophezeiungen, die jemals gegenüber einem in Megalomanie versunkenen menschlichen Geist ausgesprochen und erfüllt worden ist. Daher trägt die Serie die Widmung 'Für Great Birnam Wood'." (Aus: Normalsatz. Siebzehn Filme,  2001).

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