Drawing (473) from THE BASIS OF MAKE-UP

"The chimera of my most favoured ménage à trois Eisenstein-Sternberg-Dietrich, Hollywood 1931, at the time of Eisenstein's Mexico disaster. No body can take the place of another, they exclude each other. But it is possible in a drawing because they seem to be transparent in it, like they are cross-faded here with the corner of a room at 100 Hudson Street, NYC 1974. Three wire hangers on the line, which pressed the foam mattress against the connecting door to the neighboring office, so as to muffle the CIA detective's nightly typewriter sounds, who checked letters there for poison. I had fled to that place from New German Film, which immediately caught up with me via the Goethe Institute. But I would still put my shirt on the fact that each one of the so far 4.312 episodes of the ARD pre-prime time series Verbotene Liebe (Warning: No "Quality TV"!) is better than any of Werner Herzog's films. I let fine sand trickle off my right hand. More at www.pym.de. (From: arsenal, june 13).

(1978)

Zeichnung (474) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Ein beschädigtes Deckenrelief in der Basilica Sotterranea di Porta Maggiore in Rom:  Jupiter, der Oberste der Götter, raubt in der Gestalt eines Adlers den schönen Ganymed und macht ihn auf dem Olymp zu seinem Lieblingsknaben und Mundschenk. Dessen Vater Tros, der älteste König Trojas, blieb untröstlich zurück. Göttliche Herrscher genießen traditionell sexuelle Freiheiten, von denen weltliche nur träumen können. Derweil kratzt sich auf der Terrasse des Hotels Faraglioni auf Capri 1959 ein Mann mit kahlgeschorenen Schläfen und blanker Brust mit seiner Armprothese an der Nase. Es waren junge Männer, die aus dem Krieg zurückkamen, aber als Kind sah ich nur alte Männer zurückkommen. Je älter ich wurde, desto jünger wurden sie auf den Fotografien. O-Ton Helmut Schmidt: 'Die Nachkriegsgeneration hat kein Schicksal hinter sich, hat immer Normalität erlebt.' Was ein Hinweis darauf ist, wo bei ihm das Erleben anfängt. Dein Tadel, kein Schicksal hinter uns zu haben, wird uns das Sterben erleichtern, Meister aus Deutschland." (Aus: flypaper #5, 2010).

(2007) 

Zeichnung (475) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Mein ausgebranntes Schlafbüro in 100 Hudson Street, Ende 1974. Ein Ordner mit geschwärzten oder verbrannten Akten, zwei schwarz umwickelte Neonröhren, an denen mein Moskitonetz befestigt ist. Vom Stand der Sonnenreflexionen auf dem benachbarten World Trade Center ist abzulesen, dass es kurz vor zehn Uhr ist. Alles Asche, kein fließendes Wasser, die Haut juckt. Ein Röntgenbild meiner Lunge hängt von der Decke herab. Zehn Zuschauer aus dem Gemälde Die Erwartung (1936) von Richard Oelze beobachten die Landung des Zeppelins 'Hindenburg' in Lakehurst, 1937. Im Nachbarbüro untersucht ein CIA-Agent Briefe auf chemische Stoffe. Mitten in der Nacht ertönt ein einzelner Anschlag seiner Schreibmaschine. Am Morgen steht er verwirrt und in dreckiger Unterwäsche vor dem Fahrstuhlschacht. In die Wandfarbe der Fahrstuhlkabinen kratzt jemand flächendeckend Abbilder von Dampflokomotiven. Sie werden vom Hausmeister immer wieder mit brauner Lackfarbe überstrichen. Jerry Sims kommt vorbei und will sich mit mir über Beethoven unterhalten, über den ich nichts weiß." (Aus: The End, Disko 22, 2011).

(1977) 

Zeichnung (476) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Text under construction"

100. 

(1977) 

Zeichnung (477) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Brooklyn, im Januar 1975. Ein Railroad Apartment an der President Street nahe der Station des LL-Trains. Das Viertel ist heruntergekommen, die Miete ist niedrig. Auf unserer Höhe der Straße verläuft die Grenze zwischen der italienischstämmigen und der puertoricanischen Bevölkerung. Die Tür des Kühlschranks, den wir vom Vermieter gestellt bekommen haben, öffnet sich beim Transport kurz vor unserer Haustür. Hunderte von Kakerlaken strömen aus ihm hervor und rennen über den Schnee. Ein anonymer Brief trifft ein mit der Aufforderung, Vorhänge an unseren Fenstern zur Straße anzubringen oder aus dem Block zu verschwinden. Kleine Kinder könnten sehen, was in unserem vorderen Raum vorgehe. Ich träume, in einer schwarzen Kaninchenfelljacke und mit einer Pilotenmütze auf dem Kopf unter einem überlangen Vorhang begraben zu liegen und an die Decke zu starren. Das Fenster bildet den Buchstaben 'F' wie in Fenêtre. An der Unterseite des Fußbodens reibt eine monströs große Kakerlake ihren glänzenden Rückenpanzer an den Dielen." (Aus: flypaper #5, 2010).

(1975)

Erstveröffentlichung in BOA VISTA 2, Hamburg 1975 

Drawing (478) from THE BASIS OF MAKE-UP

"A cannoneer with just a stub of bone for a right arm presents the opening of a gun barrel, a 12 incher, on a postcard. It was sent from the battleship USS Delaware in July 1900 and has  'Where the marks are is where the gun opens' written on the back. (Edward T.) FUSCO (Incorporated) writing paper, found in 100 Hudson Street, 1974. A hand runs its fingernails along a whitewashed wall. A lamp that emits darkness to a limited extent is placed next to the window as a science fiction object. During the day, the window is shrouded by an overlong curtain whose fabric also covers the hole in the floor, where is where I lay down in Brooklyn. I remember so well the body that no longer exists. We are the survivors, those who consume, those who were exchanged. The cheating forgetful, the listless combiners. If the story were already over, more than few names would occur to me in relation to it. As it is, it hardly makes you curious for the end." (From: arsenal, april 16)

(1997) 

 

Zeichnung (479) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Text under construction"

Die Gesetze der Projektion, im Kopf, einseitig verdreht. 1221 = 1221. HEHE = Heinz plus Heinz. EHEH = ÄH, ÄH oder EHE. Heinz mit erhobener Ukulele. Klappe. Das auf einem Zackentablett präsentierte Schaf.

(1997) 

Zeichnung (480) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Eine weiße und eine graue Garderobengarnitur aus einem Prospekt für Billigmöbel. Eine Gedenkfeier für den 1959 mit dem Flugzeug abgestürzten Buddy Holly auf einem Sofa in Achim, 1964. Es kommt zu einer unverzeihlichen Straftat: Ich zerschlage zu seinem Song Rave On mit einem Fang-den-Ball-Spiel eine der drei nicht ersetzbaren Glastüten der Deckenlampe im Wohnzimmer unserer Nachbarn. Verlegen spielen wir Paare, die nicht funktionieren. Der schwere Schatten eines unbegriffenen Ursprungs legt sich über die Szenerie - oder sind es die Umrisse der Reste eines von Ameisen auf der Suche nach nahrhaftem Klebstoff abgefressenen Flaschenetiketts? In Latenz und transparent über allem: Der junge Mann mit den ausufernden Brustwarzen, der sich so aufreizend das Hemd über den Kopf zieht, aus der damaligen Werbung für ein Solarium. Daß sich Zeiten nachträglich materiell ineinanderschieben lassen, in der Voraussicht aber keine Materie bieten, ist der Nährboden für extrapolierenden Sarkasmus. Die Welt lässt sich tatsächlich als Satz erkennen und begreifen." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1984) 

Zeichnung (481) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Kleine Enzyklopädie meiner Armbrüche: Als 11jähriger habe ich mir beim Sprung über ein Zelt den rechten Unterarm gebrochen. Der komplizierte Bruch wurde genagelt. Ich durfte monatelang nicht am Turnunterricht teilnehmen, den ich eh haßte. Viele Nazis, die nach dem Krieg von Deutsch- zu Turnlehrern degradiert worden  waren, wirkten dort weiter. Als 12jähriger fiel ich vom Fahrrad, erneuter Armbruch, also wieder Befreiung vom Sportunterricht. Als 13jähriger wurde ich von einem Fahrrad überfahren. Man ließ den gebrochenen Knochen samt verbogenem Silbernagel schief anwachsen. Als 14jähriger wurde mir die Elle künstlich gebrochen, um den Nagel zu entfernen und den Arm zu richten. Ich durfte weiter auf der Matte liegen und rauchte inzwischen Zigaretten. Quintessenz: Unbewußt herbeigeführte Armbrüche aus Angst vor Sport lehrenden Nazis, dazu suchterzeugende Erfahrungen mit der Ausschüttung körpereigener Opiate bei Knochenbrüchen. Daher auch das Opiumzelt." (Aus: arsenal, januar 09).

(1984) 

Zeichnung (482) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Schräg einfallende Hagelkörner eines Eisregens sammeln sich in einer flachen Schale aus afrikanischem Balsaholz auf dem Fenstersims eines Brownstone-Gebäudes in Brooklyn, 1975. Im Fensterrahmen ein Portrait von Silke Grossmann, schlafend und halb verdeckt von zwei Kissen. Der englische Satz I love you ausgeführt in indianischer Knotenschrift - ein zirkelhafter Unsinn also. Wie und wo und was ist ein Ich, und für wielange existiert es? Es konstituiert sich permanent nur für Sekunden. In dieser Zeitspanne stellt es keine Fragen, sondern behauptet Antworten. Darin trifft es sich mit anderen, zufällig anwesenden und angeschalteten Ichs. Man verbündet sich in einer anhaltenden Illusion, die kräftiger erscheint als die Stabilität des Ichs selbst. Die Freundschaft beruft sich auf das Ich des anderen. Dadurch stützt sie es in einer Gegenwart, die auch nur Sekunden andauert. Diese Illusion ist eine Form von Energie, die schneller als in Lichtgeschwindigkeit agiert. Jetzt ist der Code entschlüsselt, alle Gene verfügbar, ein Ende also in Sicht." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1976) 

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