Drawing (40) from THE BASIS OF MAKE-UP

"The painter, (P), with a brush for demonstration purposes in his hand and his model, (M), getting out of a VW Beetle at a time when that abbreviation hadn’t yet lost its civic charm and the word “Volkswagen” didn’t yet fill me with horror. Between the two of them lie veritable mountains of underwear neatly piled up and a road made of tea. The vision of a white glove was painted as a black after-image. Back then, that is, in 1974, we were convinced of the idea that a corny joke was able to represent the world and its relationships in the most reliable way. The Twilight of the Mockers only got going later, although I’d already turned down the offer of becoming editor of Pardon magazine in 1968 to study philosophy instead, which also initially led nowhere. Photographs were still raw sentences and ridiculous pieces of evidence. The language that photographic representations were capable of constructing only appeared to us as a possibility three years later, thanks to Alexander Rodchenko. But it was actually always crystal clear: I would never in my life buy a German car." (From: arsenal, january 19).

(1976) 

Drawing (42) from THE BASIS OF MAKE-UP

"Our green garden gate GG in Achim in the 1950s, thrown at night into the ditch at the bottom of the embankment on which our house stood by yobs. Twice a day, the Flying Roland, a fast train, would race by on its way to and from Munich, triggering a sense of wanderlust in me. We would play I Declare War on the sandy path in front of the house. The countries involved that we children represented were called Germany, the USA, France and Russia. Josef von Sternberg began his daily visits. He was battered by a trip in the South Seas. Rats had crawled all over him - like the insects of the emigrant district in the port of Hamburg that he described in his autobiography Fun in a Chinese Laundry. He took his revenge on the terrorizing temperament of nature by recreating a jungle in a Kyoto gym for his film Anatahan and painting the green leaves silver so they would come across better on black-and-white film material. This made perfect sense to me." (From: arsenal, september 12).

(1975)

Zeichnung (43) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Der Großbuchstabe 'A', zu 25 Prozent gemorpht zu einem 'B', vor Details aus Édouard Vuillards Gemälde Mallarmés Haus von 1896. 'Alphabet' ist ein Wort, das in sich die Namen der ersten beiden seiner Buchstaben aneinanderreiht und den Fortgang seiner Bedeutung voraussetzt. 'ABC' zu sagen, wäre nur knapper, deutlicher und aufdringlicher. Was sich im Alphabet noch verstecken könnte, hat im ABC kaum noch eine Chance zu erscheinen. Die Rückenlehnen der hölzernen Bürostühle der Sprecherinnen der französischen und deutschen Wörter im Film Demon verschwinden hinter der Skyline und die der Sprecherin der englischen an der unteren Bildkante. Der Bug eines Schiffsrumpfes mit einem stilisierten Anker links und einer Ankerkette rechts ragt aus der gallertartigen Wassermasse eines Hamburger Hafenbeckens. Daraus auftauchend die Statue des guten und weisen Cimoyok - ein Feld- und Wald-Gott der ältesten Bewohner der Ostseeküsten - in roher Machart aus verschieden großen, aneinander befestigten Stücken eines Baumstammes gefertigt." (Aus: flypaper #5, 2010).

(1993) 

Zeichnung (44) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Berlin, 1993, das Ende einer Bewegung. Zwei Spaten und eine Mistgabel aus der Werkzeugsladen-Sequenz des Filmes Demon. Ein 'B', das noch zu einem Viertel aus einem 'A' besteht. Dahinter ein Schiffsbug mit der Silhouette eines Ankers. Zwei letzte Streichhölzer in einem Folder auf der Silhouette des Grabsteines von Georges Rodenbach auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris. Auch der Bronzearm mit der Rose gehört zu seinem Grab. Sie wird uns aus dem Innern eines Steinblocks zugereicht. Hinter einer Reling das Nebengrab in der Gestalt einer steilen, nubischen Pyramide mit einer glatten Fassade und einem Inneren aus Müll. Die intellektuellen Sackgassen der Märtyrerreligionen erregen mit ihren Destruktionsszenarien weltweite Anerkennung, die self-fulfilling prophecy als Lohn Gottes. Daß man uns in Zukunft bedauern wird, unter den Bedingungen dieses tribalen und völkischen Schwachsinns gelebt haben zu müssen, ist kein Trost. Bis dahin reicht man sich Pyramiden weiter, voller Reliefs mit nicht mehr zu entziffernden Codes." (Aus: flypaper #5, 2010).

(1993) 

Zeichnung (45) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Eine alternative Gegenwart, ein Nacktmodell aus Straight To Hell - The Manhattan Review of Unnatural Acts, kopflos hingelagert in einem trapezförmigen Büroraum im Hamburger Zippelhaus, Drehort des Filmes Demon, 1976. Das Drehbuch liegt auf dem Brett des rechten Fensters. Draußen in der Nacht ziehen die Felsschriftzeichen aus Edgar Poes Roman The Narrative of Arthur Gordon Pym of Nantucket vorbei. An der Wand über dem Heizkörper eine Reproduktion der Kohlezeichnung La Pelouse von Georges Seurat. E (= English), G (= German) und F (= French) bezeichnen Stellungen und Blickrichtungen der Sprecherinnen des Mallarmé-Gedichtes Le Démon de l'Analogie im Film. Mein linker Fuß massiert seine Zehen an einer halbleeren Weinflasche. Ein stehend am Boden fest verzurrter Mann übergibt sich freihändig. Aus meiner Reiseschreibmaschine ist der Typenhebel für die Buchstaben äÄ herausgebrochen. Zwar hat nur ein Würfelwurf diese Wirklichkeit erzeugt, aber sie ist jetzt nicht mehr wegzudenken. Boyd McDonald (1925-1993) zugeeignet." (Aus: The End, Disko 22, 2011).

(1993) 

Zeichnung (46) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Achim, Ende der 50er Jahre: Ich baue mir ein Stativ aus drei zusammengebundenen Bambusstöcken und eine Filmkamera aus einem Schuhkarton. Der Pappkern einer Toilettenpapierrolle bildet das Objektiv. Wir beginnen mit der Wiederverfilmung von Josef von Sternbergs Dishonoured am südlichen Hang des Bahndamms. Hamburg, Eppendorfer Marktplatz, 1974: Eine im Raum schwebende Sahnespritztüte querab zum Stoffüberwurf des Tipi-Memorials für Sergej Eisenstein, Josef von Sternberg und Marlene Dietrich, das auf den verrutschten Modulen eines billigen Sisal-Teppichs steht. Auf dem am Bettbezug angebrachten Triple-Portrait sind nur meine Favouriten von Sternberg und Dietrich sichtbar. Im Hintergrund eine Aufführung meines Films Schenec-Tady in einem leeren Kino mit Balkon und Parkett. Ich liebe Nachmittagsvorstellungen in leeren Kinos, das intime und ungeteilte Beisammensein mit einer verwandten Form von Energie. Kollektive Kinoerlebnisse sind ein Greuel und so deppert wie Theaterstücke, bei denen Zuschauer zum Mitmachen animiert werden." (Aus: The End, Disko 22, 2011).

(1983) 

Zeichnung (47) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Hamburg, 1983, ich erinnere mich genau: Der Score zum Film Schenec-Tady III in einem Bilderrahmen an der Wand eines trüben Zimmers im Frühjahr 1974. Aufbruchstimmung, eine Pyramide aus Stäben über einem Acker, den ein Dampfschiff durchkreuzt, ein Tipi-Zelt aus dreckiger Bettwäsche in Gedenken an die Triole Eisenstein-Sternberg-Dietrich 1930 in Hollywood, schwarze Lederfetzen an der Wand und negativ auf der Haut eines nackten Maori-Kriegers, der zum Schleudern seines Wurfspießes ansetzt. Eine ausgesprochene Abneigung gegen eine zentrale Perspektive. Große Leerstellenbesetzung in der BRD-Kultur, Null folgt auf Null. Dagegen ein verzweifelter Eklektizismus als letzte Waffe der Selbstbehauptung, die ganze Strecke zwischen Ein Schiff wird kommen, und das bringt mir den Einen bis hin zu Und das Schiff mit acht Segeln und mit fünfzig Kanonen wird entschwinden mit mir. Komme gerade nachts von einer polizeilichen Gegenüberstellung aus St. Pauli zurück, bei der mein Klappmesser in der Hosentasche nicht entdeckt worden ist." (Aus: The End, Disko 22, 2011).

(1983) 

Zeichnung (48) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"1975. Wir waren durch die Toll Booths des New Jersey Turnpikes gefahren, ohne zu bezahlen. Drei Polizeiautos verfolgten und stoppten uns, keiner von uns hatte einen Führerschein dabei. Ich weiß nicht, welche Geschichte Sheila McLaughlin den Polizisten erzählt hat, aber sie ließen uns weiterfahren bis nach Stone Harbour südlich von Atlantic City, in ein Holzhaus am Atlantischen Ozean, das inzwischen von einem Biest von Wirbelsturm ins Meer gerissen worden ist. Tim Kennedy sitzt auf der Kühlerhaube unseres Wagens, Silke Grossmann und Gary Woods stehen daneben und Sheila kommt mit der Schale eines Horseshoe Krebses vom Strand zurück. Ich kann mich an nichts erinnern, und doch ist alles gegenwärtig, eine Relation zwischen Wolken und Tischen mit halbgelesenen Büchern darauf. Wir rauchten Gras und mein Gehör reagierte auf das kleinste Geräusch mit Schmerzen. Zwei Doppelbetten und ein einzelnes Bett wurden aufgeschlagen. Eine halbleere Flasche stand auf dem Tisch. Der Ton einer Unterhaltung an einem Tisch schwebte im Raum, unerträglich laut." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1977) 

Zeichnung (49) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Ein Brainstorm auf einer Holzterrasse am Atlantik in Stone Harbour, New Jersey, 1975. Der Ursprung - A WELL - meiner Miscellanea-Filme ist die Zeichnung La Pelouse von Georges Seurat. Deren Kohlepartikel kommentieren die jeweiligen Aktualisierungen der Welt durch Rasterpunkte und Codes: vom Konkreten zum Abstrakten und wieder zurück, eine komplette Virtualisierung. Ausgehend von einem arabischen Hammam die Beschreibung einer imaginären Wanderung, im Uhrzeigersinn: der von Touristenbooten ausgeleuchtete Cruisingpark am Quai d'Austerlitz in Paris, Gabriele d'Annunzios Vittoriale am Gardasee, eine Lockheed T-33 an einem Swimming Pool in Del Rio, Texas, das Gemälde Die Beerdigung des Grafen Orgaz von El Greco in Toledo, die endlichen Variationen zweidimensionaler Unendlichkeitsmuster auf den Kacheln der Alhambra in Granada, Auguste Rodins Porte de l'enfer in Zürich, die Ruinen von St. Pere de Rodes in den Pyrenäen, die Fahrten des US-Flugzeugträgers Ticonderoga im II. Weltkrieg und der architektonische Brutalismus im saudi-arabischen Rhiad." (Aus: Zeichnung oder Film, 2013).

(1994) 

Drawing (50) from THE BASIS OF MAKE-UP

"As a fourteen-year-old, much to the dismay of my mother, I wanted to emigrate to Australia. This is a silhouette of this continent under a kitchen table with seven locks in Achim, Lower-Saxony. The letter combinations ZU, U and UZ as neon signs refer to "Closed", "Underground" and "Our Time" ("Unsre Zeit"), the newspaper of the German Communist Party. What remains alluring in the form of the fable? Which storyteller remains credibly anchored in the body? The silver ribs of the World Trade Center reflected the sun so crisply through my window that a jacket hung over a chair cast a shadow on the linoleum. The deployment of one's lifetime without instant gratification, no strategic communication with a society projected solely for this purpose; a non-hysterical relationship to a lack of time to write down the story hidden in the body. The multifaceted potentiation of viewing directions, the formative spacial coordinates of a landscape, the temporary linguistic tools of which we are. And, finally, the chair toppled by reflected rays of sunlight." (From: The Travel Almanac Nr. 4, 2012).

Pages