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Zeichnung (7) aus DIE BASIS DES MAKE-UP

"Drei Giraffen beim Fernsehen in einem Motel, das Modul eines Endlosbildes für eine italienische Kinderzimmertapete. Im Gegensatz zum Fernsehen, das irgendwann einmal angefangen hat und in das wir uns lebensgeschichtlich ein- und wieder ausklinken, bringt es der Film – als traditionelle Kulturform mit Anfang, Mitte und Schluß – immerhin noch dazu, dass sich die Geister über ihn entzweien. Filme sind endliche Produkte. Das filmische Abbild verkündet stolz, so war ich einmal und so bin ich nun. Das Fernsehen vertritt als Medium eine ganz andere Wahrnehmung von Realität. Es ist das nicht zu definierende Bild des Fließenden und damit auch die beständige Behauptung eines Gegenteils. Es ist als Form die bislang erfolgreichste Parodie des Lebens. Alles, was wir dazu beitragen, hat nichts mit uns zu tun. Wir tauchen im Fernsehen auf und bedeuten dadurch nichts mehr. Keine Chancen für die Kritik und ihre selektiven Methoden, dagegenzuhalten." (Aus: arsenal, februar 09).

(1976) 

Hamburg, 1976. Wellen- und Strömungsaktivitäten unter einer Split-Giraffe, das Modul eines Endlosbildes für eine italienische Kinderzimmertapete...

... Ein amerikanisches Schiebefenster als Guillotine. Auf dem Teewagen unter oder über dem TV-Set eine Bibel und ein Topf mit Bonbons. Die Giraffe denkt: "Ich bin das Licht in Buckeye, und ich bin der Schatten in Dayton und Endicott. Mein Kopf ist noch schneller als mein Körper. In beide Richtungen."

Lynne Tillman hat später über diese Zeichnung geschrieben: "It was in a hotel room in Los Angeles, a very seedy room where we had gone to seed. The TV was attached to the ceiling, the management fighting theft. We wouldn't have take it. It would have been too much trouble. No ladder, no hope, no desire. The only joke of the night was imagining a giraffe who could easily bite through the chain and carry the TV away, the chain and the TV like a necklace and a bauble around its long, irrevelant neck." 

David Marc druckte die Zeichnung 1995 in seinem Buch Bonfire of the Humanities auf Seite 108 mit der Unterschrift ab: "Totalitarian Stalinism and mass culture television were typically depicted ... as evil twin doubles ..." und eröffnete damit das Kapitel Sechs des Buches: "Eight Meditations on Couch Potato Stasis, Social Mobility and the Itsy-Bitsy Attention Span Thing".

Der "Entwurf für eine italienische Kinderzimmertapete" ziert jetzt als Endpaper die Kataloge "Museum für Gegenwart Nr. 11 – Heinz Emigholz", " Die Basis des Make-Up (1974–2007)" und das Cover von "Zeichnung oder Film".