Die Basis des Make-Up

Heinz Emigholz

Der Text des Films DIE BASIS DES MAKE-UP


MANHATTAN - 100 HUDSON STREET

KULTURHAUS ORCHESTER BUKAREST. Instrumentalmusik ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Für alle, die durchmaschieren und nirgends bleiben, das Land Belgien ...
EINBLENDUNG. Belgien
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... am 9. Oktober 1979 ...
EINBLENDUNG. 9-Oktober-1979
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... in Die Basis des Make-Up.
EINBLENDUNG. Die Basis des Make-Up

KENNEDY AIRPORT

STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Dies ist amerikanische Keilschrift und bedeutet „I Love You“ , auf deutsch heißt das „Ich liebe Dich“
EINBLENDUNG. Keilschrift
KULTURHAUS ORCHESTER BUKAREST. ... Instrumentalmusik.

BÜRO DES TEPPICHHÄNDLERS

BLONDE FRAU. So eine Schrift möchte ich auch haben.
TEPPICHHÄNDLER. So nicht! Bohren Sie sofort ein Loch in die Tür, wenn Sie was mitkriegen wollen. Er riecht nach einem anderen, und ich stinke nach ihm.
TEPPICHHÄNDLER. Ich brauche ein paar Informationen, die mir aus dieser Situation heraushelfen.
DUNKLE FRAU. Und dann rief er den Menschen zu, denkt bloß nicht, ihr erlebt was Besonderes. Probier jetzt mal.
TRINKER. Stimmt, stinkt wirklich.
TRINKER. Ich will, dass dieser Moment ewig bleibt.
DUNKLE FRAU. Was heißt das?
TRINKER. Ich will, dass dieser Moment ewig bleibt.
KULTURHAUS ORCHESTER BUKAREST. Instrumentalmusik ...
TV-SPRECHER. ... beissen ... Reagieren Sie diesen Leib ab ...
Die Bevölkerung leidet noch immer an dem Gestank vom verwesenden Fleisch ...
TV-SPRECHER. ... Jetzt sehen Sie, wie Dornröschen wachgeküßt wird ...
KULTURHAUS ORCHESTER BUKAREST. ... Instrumentalmusik.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Sie bastelten gerade an einem Buch mit dem Titel:
TRINKER. „Mein Sohn ist der größte Affe der Welt“. Also, weiter im Text.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Immer wieder Papierkorb.
DUNKLE FRAU. Er steigt in ein Taxi. Der Fahrer greift sich an die Hose. Sie fahren vor eine Winston-Zigaretten-Reklamewand, steigen aus und ziehen sich nackend aus. Der Taxifahrer steckt den Schwanz des Fahrgastes ... TEPPICHHÄNDLER. H.J.G. Moseley, one of the rising stars of British science, was killed at Gallipoli age twenty-seven ...
KOCH. H.G. Moseley, ein aufsteigender Stern der englischen Wissenschaft, starb in Gallipoli siebenundzwanzigjährig. Er hat Zeit gehabt, unauslöschliche Spuren in den Fachbüchern zu hinterlassen. Hätte er weitergelebt, wäre er einer der ganz Großen geworden. Obwohl er noch grossartige Dinge vollbracht hätte, so sind diese dann doch wie selbstverständlich von anderen getan worden. Und der Sand rutschte über Moseleys Abwesenheit, als hätte es ihn nie gegeben.
DUNKLE FRAU. ... Vor einem Hyatt-Regency-Hotel setzt der Taxifahrer, jetzt wieder in Uniform, den Gast samt Gepäck ab, zwinkert ihm zu und fährt ab.
TRINKER. Fährt ab. Okay.
DUNKLE FRAU. Mucki, preß mir mal den Kopf.
TEPPICHHÄNDLER. Wenn er wenigstens meinen Koffer durch wühlen würde.
DUNKLE FRAU. Irgendwelche Kinder schmeißen hier jede Nacht Bomben.
TEPPICHHÄNDLER. Es wird mir ein Vergnügen sein, von einem Mann mit so viel Charme exekutiert zu werden.
DUNKLE FRAU. Sie lassen sogar ihre Schiffsbäuche durch Froschmänner abtasten.
TEPPICHHÄNDLER. Zum Abschied preßte er mir einen Mitesser aus. Dann ging er in den Dunkelraum.
DUNKLE FRAU. Im Magen kommt ohnehin alles durcheinander.
TRINKER. Deine Sehnsucht geht mich nichts an.
DUNKLE FRAU. Noch ein norddeutsches Affengesicht.
TRINKER. Alle weinen um den Mann, der noch nie etwas gefühlt hat.
DUNKLE FRAU. Ich mag nicht, daß du auf mir sitzt wie ein Hund.
TEPPICHHÄNDLER. Das Baby schreit, also muß man es füttern. Ohne dich bin ich so müde.

BAD DES TEPPICHHÄNDLERS

TEPPICHHÄNDLER. Dingsbums braucht was zu trinken.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Ich kenne hier jeden dummen Meter. Aber ich war ja nicht allein ...

BÜRO DES TEPPICHHÄNDLERS

STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... bin nur ein Teil dieser Sache.
BLONDE FRAU. Da ist ein Schatten an der Wand.
KOCH. Mir ist so, als ob Peter nicht hier ist.
BLONDE FRAU. Ich sehe niemanden, der nicht hier ist.
TEPPICHHÄNDLER. Wo?
DUNKLE FRAU. Genau da drüben ist er nicht.
TRINKER. Danke, Smoothe.
BLONDE FRAU. Jetzt sehe ich es auch, daß er genau da nicht ist.
TEPPICHHÄNDLER. Auf dem Kissen?
BLONDE FRAU. Nein, nicht auf dem Kissen.
DUNKLE FRAU. Da drüben, in dem Zwischenraum.
TEPPICHHÄNDLER. Dahinten?
BLONDE FRAU. Davor.
DUNKLE FRAU. Nein, diese kleine Figur mit den vier Kreisen in dem dunklen Zwischenraum zwischen dem Rot und der Bordüre.
BLONDE FRAU. Da, da, dahinten rechts neben dem Streifen, da, genau da, daneben.
TRINKER. Oäh. Wenn ihr mich wirklich exklusiver wollt, kriegt ihr mich noch billiger.
DUNKLE FRAU. Mach mal, wie du dir das Hemd ausziehst.
TRINKER. Gut so?
BLONDE FRAU. Mehr.
TEPPICHHÄNDLER. Und jetzt mal in die Schulter beißen.
DUNKLE FRAU. Jetzt ist er genau da, wo Peter nicht ist.
TEPPICHHÄNDLER. Habt ihr eine Tetanusspritze?
BLONDE FRAU. Wieso, er hat sich doch selbst gebissen. Hat doch sowieso alles gar keinen Zweck.

BADEZIMMER

STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Ich beobachtete sein Hemd. Ein lebendes Fossil. Warum ziehst du dich nicht an? Gut, dann trainiere ich eben allein weiter.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Du sollst sauber sein ...

TEPPICHLAGER

STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... wenn dich die Engel heute Nacht holen. Ich wollte niemanden mehr sehen. Hast du dann ja auch nicht. Folge mit dem Auge meinem Finger. A will ausschließlich B, doch B liebt nur C, und C kann nur mit A. Im Prinzip liegen alle Informationen vor, kryptisch, als Muster der reflektierten Röntgenstrahlen. Was für ein Stück Fleisch. Dämmriges, hellblaues Licht.

BÜRO

STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Ich erinnere mich genau. Damals sahen wir noch richtig fern, ein mehr öffentliches Programm. Endlose Soaps über einen Mercedes-Händler, der von achtzehn Engeln, die vom Himmel kommen, umgebracht wird. In Clonetown, einem kleinen, in der Vergangenheit verlorenen Dorf. Wie schön war damals noch die Illusion der Gesellschaft.
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. Friendly Nash. Mrs. White is at home and her grandchildren are in from Fort Soda ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Frau Weiss ist zu Hause, und ihre Enkelkinder sind zu Besuch aus Fort Soda ...
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... Their folks, of course, brought the house to high tide ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... Die ganze Sippschaft brachte das Haus zum Überschwappen ...
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... Glen White's asleep in the living-room over the Ffunnies ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... Glenn Weiss ist im Wohnzimmer über der Witzseite eingeschlafen ...
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... and the other men are sitting around playing poker ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... und die anderen Männer sitzen herum und spielen Poker ....
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... The children are somewhere, downstairs in the cellar ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... Die Kinder sind irgendwo ...
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... or under the house ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... unten im Keller oder unter dem Haus ...
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... The streets are quiet in Clown Town ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... Die Straßen sind ruhig in Clonetown. Fast niemand hält sich draußen auf ...

MANHATTAN - 29 JOHN STREET - 14. STOCK

STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... Clown Town. Almost no one's outside. On the far side of the city Friendly Nash stands alone in his office ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... Auf der anderen Seite der Stadt steht Friendly Nash allein in seinem Büro ...
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... His big, dolorous face is stretching wide ...

BÜRO

STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... Sein großes weiches Gesicht lang ausgestreckt ...
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... The dark green window shade is cracked and yawning. A flesh coloured sandwich sits untouched on his desk ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... Ein fleischfarbenes Sandwich liegt unberührt auf seinem Schreibtisch ....
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... Damp and quiet the day today ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... Feucht und ruhig der Tag heute ...
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... And the mirror and self-satisfied ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... Und der Spiegel und die Selbstzufriedenheit ...
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. ... Everything that couldn't stretch was hanging. The air hung heavy in the air outside ...
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. ... Alles, was sich nicht austrecken kann, hängt schlaff herunter.

MANHATTAN - 29 JOHN STREET - 14. STOCK

STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. Hi, Friendly.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. . Hallo, Friendly.
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. Hi, Lena.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Hallo, Lena.
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. Hi, Dom.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Hallo, Dominique.
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. Hi, Tony.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Hallo,Toni.

BÜRO DES TEPPICHHÄNDLERS

STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. Hi, Bert.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Hallo, Bertram.
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. Tonight at the pavilion he would preside.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Heute abend im Pavillon hat er die Aufsicht.
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. It was scissors. Oh glory. Glory glory. Oh my darling Samurai.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Es war Schere. Nashman, vortreten, befahl einer der Engel.
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. Coming loose. They fell like swearing. They fell like swinging. They tore along a spreading seam of sky. The glowing throat, the forming. The gloating, deep, and tassled sky.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Das Schweigen war erdrückend. Ein Fluch lastete auf Clonetown.
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. They dropped and made a shape around him.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Ich bring' dich um die Ecke!
STIMME VON MARCIA BRONSTEIN. Friendly Nash.

FLUR

KOCH. Sie haben meine Mutter umgebracht.

BÜRO

TRINKER. Passagiere schlafen in den Sesseln ein, werden nicht erwachen, wenn der Morgen hellt. Der sie ins Himmelreich geschickt hat, sucht die Herrschaft der Welt.
BLONDE FRAU. Was ist schon eine goldene Uhr gegen einen großen Gedanken.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Das ist lange her.

BADEZIMMER

STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Die Ohren sehen mehr, als die Augen hören. Jetzt bin ich von Parasiten befallen. In der Nacht las ich die Zeitung, die ich mir tagsüber geschrieben hatte. Ist das jetzt Gewalt? Für mich ist das Tierquälerei. Schon während der ersten Nachricht schlief ich ein. Das Imperium tut, was zu tun ist, die Satelliten nörgeln und winseln. Die Plongeure wischen den Küchenfußboden, was sich im Laufe des Tages noch oft wiederholen wird. Gerade die Menschen schienen eine Illusion zu sein. Zuerst hiess es noch, ich habe schöne Augen. Im Schlaf stürmte ich zur Haustür. Davor wähnte ich mein wahres Schlafzimmer. Die Zeit verging, ohne daß ich den Eindruck hatte, mich in einer bedeutenden Phase meines Lebens zu befinden. Wunderbar wie die Weltgeschichte verkommt, träumte ich.Wenn einer im Schlaf redet, gibt es immer einen Grund. Ich hatte sein Hemd weggeschmissen. Mein Haus soll nicht mehr für Zusammenkünfte benutzt werden.

BÜRO

STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Ich erwachte mit einem blauen Knie. Das Programm war endgültig vorbei.
DUNKLE FRAU. Er sagte, er will das vom Tisch haben.
TEPPICHHÄNDLER. Und ich sagte, zeigst du mir noch mal deine Achselhöhlen.
DUNKLE FRAU. Hmh. Nein. Du mußt Fleisch essen. Also, ich ruf dann später noch mal an.
TEPPICHHÄNDLER. Der Körper des Piloten ist tief in den weichen Moorboden eingeschlagen.

KÜCHE

TELEFON. Rring ...
KOCH. Hallo.
TELEFONSTIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Alles muß geleckt sein. Ist Fetisch noch im Kühlfach?
KOCH. Moment mal: Den Fisch aus dem Kühlfach. Wird gemacht!

BÜRO

TEPPICHHÄNDLER. Ich liebe schmutzig.
DUNKLE FRAU. Schmutzig?
TEPPICHHÄNDLER. Ja, schmutzig, schmutzig, schmutzig.

KÜCHE

KOCH. Jeden Morgen fängt man wieder bei Null an, mit nichts auf dem Herd. Das ist Cuisine.

BÜRO

TEPPICHHÄNDLER. Badeszene in Asbury Park, New Yersey. Berry-Au-Bac. Cholera. Altona, Bergstraße. Karstadt.
GEHILFE. Kollegen, noch eine Anstrengung, wenn ihr Republikaner sein wollt.
TEPPICHHÄNDLER. Vor dem Pressehaus. Und Wasser holen.
GEHILFE. Dass ich euch liebe ist natürlich eine Lahmarschigkeit, die ihr nicht verzeihen könnt.
TEPPICHHÄNDLER. Oh, one of those! Sie sollten mal wieder in den Ofen pissen, es wird langsam zu heiß hier.

KÜCHE

KOCH. Du zitterst ja.
GEHILFE. Er verweigert mir seine Nuancen. Die wollen bald essen.
KOCH. Womöglich wieder flambierte Kartoffeln.

BÜRO

TEPPICHHÄNDLER. Heute unterschreibe ich alles. Das Kleingedruckte interessiert mich nicht. Ich schulde dir noch ein Essen.
KOCH. Irgendetwas aus der Außenwelt?
BLONDE FRAU. Flambierte Kartoffeln. Mein Mann ist noch nicht lange tot. Warum hast du mich nicht in der Garderobe besucht?
TEPPICHHÄNDLER. Man kann keine Geschäfte mit sich selber machen.
BLONDE FRAU. Kannst du schlachten?
TEPPICHHÄNDLER. Mein Todfeind macht sich auch Notizen. Und ich war so stolz auf meinen Riecher.
BLONDE FRAU. An wen bist du denn in deiner Not geraten? Lass uns was Schönes machen.

HAMBURG - SCHOPENSTEHL

BLONDE FRAU. Ich liebe den verdammten Arm. Aber sechs Stockwerke sind nicht hoch genug.

KÜCHE

KOCH. Wie kann sich ein Nachtwächter einbilden, produktiv zu arbeiten? Na, was kommt denn da zu Papier?
GEHILFE. Wenn ich seine Titten hätte, würden sie mich bestimmt mögen.
KOCH. Ooch.
GEHILFE. Ich will chloroformiert werden und für vierzehn Tage ins Bett.

BÜRO

BLONDE FRAU. Es gibt nichts Hemmenderes, als im falschen Outfit zum Training zu erscheinen. Nach der Romantik klatschen die Körper auf die Straße.
TEPPICHHÄNDLER. Was waren wir alle für Idioten. Genau so muß es sein.
BLONDE FRAU. Die Bürokraten, rief er dann noch leiden schaftlich aus, sind der Tod der Kultur. Hilfe, ich träume. Du liebst mich nicht? Papperlapapp.
TEPPICHHÄNDLER. Kannst du deinen Ellenbogen ein bißchen wegnehmen?
BLONDE FRAU. Hast du aber eine weiche Haut.
TEPPICHHÄNDLER. Du aber auch.
BLONDE FRAU. Ich kann mir morgens immer nicht vorstellen, daß ich abends Hunger habe.
TELEFON. Rring ...
BLONDE FRAU. Hast du vorhin schon mal angerufen? Bist du eigentlich behaart?
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Sie vergifteten mich mit Mettwurst. Und meine Tulpen soffen mir das Wasser weg.
BLONDE FRAU. Nee, du klingst zu gehetzt.
TEPPICHHÄNDLER. Ich ließ die Wanne mit seinem Schmutz noch ein halbes Jahr stehen.
BLONDE FRAU. Warst du schon im Dunkelzimmer neben dem Fernsehraum? Bleiben Sie doch, setzen Sie sich.
TEPPICHHÄNDLER. Nein, ich habe keine Kabine mehr gekriegt.
BLONDE FRAU. Ich möchte für ihn die absolute Null sein. Auf was hast du eben reagiert?
GEHILFE. Wir sind die gefickten Ratten, nur die Slips werden mal kleiner mal größer.
BLONDE FRAU. Wenn wir nicht alles gesagt und analysiert hätten, wie hätten wir dann erraten können, was dir gefällt.
GEHILFE. Muß ich mich jetzt ausziehen?
BLONDE FRAU. Kleiner Wirrkopf, läufst du immer noch durch die Stadt. Nichts ist in Ordnung, wenn man schon beim Wort Bielefeld schwach wird.
TEPPICHHÄNDLER. Teach me. Er sagte, er habe nun mal einen Schwanz.
GEHILFE. Wenn ich mit euch verheiratet wäre, würde ich euch hundert Quadratmeter Leimfarbe von den Wänden lecken.
BLONDE FRAU. Baby, du hältst jetzt deinen Mund.
TEPPICHHÄNDLER. Neben mir wurde gerade eine Zelle desinfiziert.
BLONDE FRAU. Tun Sie mir den Gefallen und nehmenSie alles mit.
TEPPICHHÄNDLER. Er hat das Leben wieder ein bisschen langweiliger gemacht.
BLONDE FRAU. Jetzt müßte man noch einen kleinen Nachtisch haben. Gegen die seelenzerfasernde Überschätzung des Trieblebens, für den Adel der menschlichen Seele.
TEPPICHHÄNDLER. Die Polizei weiß jetzt, wie ich mir das Leben vorstelle. Die große Frage ist aber, wie sich die Polizei das Leben vorstellt.
BLONDE FRAU. Wie wär's mit einer Gewürzgurke?
TEPPICHHÄNDLER. Ich muß zum Diktieren.

KÜCHE

TEPPICHHÄNDLER. Bitte zum Diktat.
GEHILFE. Wenn die Musik so schlecht bleibt, kann ich genausogut jetzt tanzen. Ich glaube nicht an einen besseren Platz als diesen.

BÜRO

TEPPICHHÄNDLER. Gold. Orange wie Müll fällt ein Licht vom Haus runter. Zwar weht Wind, aber nicht zuviel.
SEKRETÄR. „Soviel“ oder „zuviel“?
TEPPICHHÄNDLER. Zuviel! Kleiner Mann, du siehst so geordnet aus, an der 2430. Straße, Ecke ...
SEKRETÄR. Straßenecke?
TEPPICHHÄNDLER. ... Straße, Ecke, 54. Avenue. Ich wette, die Eleganz deiner Kinder zwingt die Wolken ins Dreieck, und du erkennst die Hölle wieder.
STIMME DES TEPPICHHÄNDLERS. Die Hölle wieder.

TEPPICHHÄNDLER. In allen Teilen der Welt haben kürzlich kühne Revolten von elenden Despotien eins über den Kopf bekommen. Punkt. Von ebensovielen Lokomotiven und Dampfschiffen verursachte schreckliche Unfälle haben hunderten kühnen Reisenden eins über den Kopf gegeben, Komma, und bei einen von diesen habe ich einen guten Freund verloren. Punkt. Ebenso waren meine eigenen privaten Angelegenheiten voll von Despotie, Komma, Unfällen und Schlägen auf den Kopf, Komma, als ich zeitig an einem Frühlingsmorgen, Komma ...
BLONDE FRAU. Kannst du nicht mal zwei zusammenhängende Sätze schreiben?
TEPPICHHÄNDLER. ... zu voll von Hypochondrie um schlafen zu können, Komma, mich zu einem Spaziergang auf meine Bergwiese auf den Weg machte. Hilf mir mal.

KÜCHE

GEHILFE. Nächste Woche läuft eine andere Sau durchs Dorf.

BÜRO

BLONDE FRAU. So, und jetzt hörst du schön zu. Tschüss, ich geh' jetzt den Hund einschläfern.
TEPPICHHÄNDLER. Ich setzte mich auf einen mit Auslegeware überzogenen Holzquader. Weiter unten im Gang stand ein Junge in der Tür seiner Kabine. Er blickte weg, aber ich schaute weiter auf den Punkt. Sein Blick kehrte zurück. Er kam den Gang entlang, betrat die Kabine neben mir und setzte sich auf seine schwarze, samenverschmierte Skai-Matratze. Ich ging in die Kabine und schloss hinter mir die Tür. Er war ein Bauer aus Flandern mit blauen Augen und einem breiten Gesicht, und er kam bald auf meine Schenkel. Ich kam erst Stunden später auf dem Bauch eines Wallonen, der mich schön fand. Minutenlang lagen wir regungslos zusammengeklatscht auf einer 1 x 1,5 Quadratmeter grossen Fläche, und er radebrachte: „Are you happy?“ Es war so viel Glück, wie ich kriegen konnte, und er sagte: „Danke schön“. Aber er kam nicht, wie ich nicht bei dem Flamen. Der Whirlpool war rammelvoll und voller Schaum. Das sind jetzt alle Orte, und dies ist die Melancholie, die Quintessenz der Erfahrungen. Die verlorenen Liebhaber, die Baggage der alten Bekannten, die einem nichts mehr sagen, die geschenkte Einsicht in die Zeit.

KÜCHE

TEPPICHHÄNDLER. Kümmern Sie sich um Ihren Kollegen im Büro, ich muß ins Lager.

TEPPICHLAGER

TEPPICHHÄNDLER. Eine Stadt in Brabant hinter dem Deich. Blausteinpflaster, ein Marktplatz, eine Straße bricht ab. Tief darunter ein grauer Garten. Wir scheinen uns auszukennen, haben auch ein Zimmer, aber wo ist es? Ein schwarzer Himmel über leuchtend grünem Gras. Eine magische Weide aus Wasser. So, Tier, der Traum ist vorbei!

BÜRO

SEKRETÄR. Binde mich noch nicht los.
GEHILFE. Nein, du kriegst nur einen neuen Verband.

TEPPICHLAGER

TEPPICHHÄNDLER. Überall die Finger drin. Glitschig. Absolut keine Augen. Fast wäre ich hingefallen. Wo? In meinem Zimmer. Wie? Geglitscht. Auf dem Linoleum. Es kamen Anrufe, die er sofort unterbrach, wenn ich in der Nähe war. Dann ging er in die Bar, um zu trinken. Die Spaghetties waren anscheinend ein zärtliches Abschiedsessen gewesen. Unverkennbar tot.

BÜRO

GEHILFE. Ich tu jetzt mal so, als wenn ich dich liebe.

TEPPICHLAGER

TEPPICHHÄNDLER. Sieht alles wie ein Unfall aus. Bin ja da, bin ja bei dir, und was anderes zählt nicht. Jetzt ist die Mannschaft beim Mittagessen, dann folgt Bettruhe. Die Zahlen, ein eiserner Himmel, oder Bretter. Ein abgebrochenes Ohr.

BÜRO

SEKRETÄR. Ich hab' auch Durst.

TEPPICHLAGER

TEPPICHHÄNDLER. Eines Abends ohne Lust. Die Gesichter waren zu Ende. Ich kniff in mein Fleisch und war stolz, dass ich mehr Schmerz ertragen konnte als andere. Ich ritzte mir eine Ader auf und schaute gelangweilt auf das abfliessende Blut. Was hatte ich bloß in dir sehen können, was in deinen Augen und was in deinem Fleisch? Und wie sauer war mir mein Fleisch geworden. Jetzt kommen die reinen Schmerzen, eine Verrottung ohne Ausblicke. Ich begann zu fressen. Am Nebentisch sagte ein Kleinkind zum Kellner: „Das sieht aber gut aus.“ Ich konnte mir kein Anfassen vorstellen. Der Kellner warf meine Bierflasche um. Ich sagte: „Bringen Sie mir gefälligst eine neue.“ Kurz vor dem Platzen bestellte ich neue Gerichte. Du denkst, ich verfolge dich mit meiner Liebe, aber hier sitzt ein Monster ohne Interesse. Heute, beim Anblick deines Liebhabers wäre ich vor nicht statt gefundener Nachempfindung und Langeweile fast zusammengebrochen. „Du sollst jetzt essen“, schrie der Vater. Ich wollte, jemand stopfte mir das Maul und risse mir den Arsch auf, bis mir alles wiederkommen würde. „Papa, deine Ananas.“ Die Zähne werden mir ausfallen, die Augen in den Höhlen verfaulen, durch dieses falsche Fressen verletzt. Runter von der Liste, kein Fick in der Erinnerung, kein ewiger Moment. Ich betatschte mich, kein Echo im fahlen Fleisch. Ich hatte Scheiße gefres- sen ohne Reue. Hier ist die Quittung.

TEPPICHLAGER

KULTURHAUS ORCHESTER BUKAREST. Instrumentalmusik.

VOR DEM MÜHRENHOF

STEINBUCHSTABEN. MÜH OF RE.

TREPPENHAUS

TEPPICHHÄNDLER. Wir lassen uns nicht vergiften.

STRASSEN AM HAFEN

TEPPICHHÄNDLER. Die Temperatur auf den Strassen ist auf neunzig Grad Celsius angestiegen. In der Luft schwebt Sand. Im Zimmer beginnen die Möbel zu kochen. In der Gardine hängen wie eine dampfende Pfanne. Der Mann war eine Katastrophe. Wie das Zusammentreffen eines Unfallwagens mit einem Verletzten.

BÜRO

GEHILFE. Ich geh' jetzt den Teppichhändler suchen. Der Hund will sich bestimmt entleiben.
KOCH. Laß den Ochsen laufen, der kann doch nirgends hin.
FREUNDIN DES TRINKERS. Nimm dies.
SEKRETÄR. Goy.

AM SHARP-AUSLIEFERUNGSLAGER

TEPPICHHÄNDLER. Die Kommunikation im alten Ziegenstall scheint zu klappen.

TREPPENHAUS

KOCH. Hey. Vergiß' den Signalschuß nicht, wenn du ihn findest! Was sehen die bloß ineinander?

VOR BAUWERKEN AM HAFEN

TEPPICHHÄNDLER. Gehirn 1450 Gramm. Einwandfrei Mord. Da war noch was. Das Alphabet enthielt einen Reim. Mit Angrinsen ist es auch nicht mehr getan. Fünf Kilometer weiter hat ein Indianer einen Laden und schläft bei Licht.
GEHILFE. dich dicht nicht mehr in nähe fast fleisch mit bei den Händen zu kippen ...
TEPPICHHÄNDLER. Vom Container-Terminal leuchten die Lampen herüber, während im Mund das Essen verfault. Wie ein intelligent inszenierter Knüller. Wie einer jener Anrufe, bei denen man sich wünscht, durch das Aussprechen eines Zauberwortes den Telefonhörer des Anrufers in ein Stück Scheiße verwandeln zu können. Was ist schon die Geduld, wenn sie platzt. Radikal wie die Provinz, umständlich wie eine Kommode. Wie der sanfte Flair einer stupiden Bemerkung. Schrecklich, wenn du das richtige Wort sagst. Wie ein am Boden zerfetzter Waschlappen.
GEHILFE. ... den ersten meergrünen stück himmeln mit mich auf offner kloben baustelle, ...
TEPPICHHÄNDLER. Dann schon lieber in einer Oase, die gegen den Sand zu kämpfen hat.
GEHILFE. ... kupferrot Wirbel hüpfen barfuss im fussfreien kleide des hexen sabbat ...
TEPPICHHÄNDLER. Mir geht es gut, und schon gleitet mein Einkaufswagen reibungslos und elegant zwischen Gondeln und Kunden hindurch. Rund um den Erdball und immer die gleichen Gesichter. Wie der Mond. Streichhölzer in trockenen Händen, Feuer in nassen Mündern. Wenn jemand hört, daß du dich beklagst, kommst du in die psychiatrische Abteilung. Sie stellen zum Glück einen sehr kleinen Prozentsatz dar. Hmh, fühlt sich nicht so an. Was muß ich dafür tun. Etwas Eiskaltes. Was immer es ist, du irrst dich. Schalte besser das Licht aus hinter dem Busch. Wir haben ein Rendez-vous mit einem Unterseeboot.
GEHILFE. ... wer gelebt auf aussenarmen tigeraugeen gleiten rosenquarz aus malven brief umschlag ...
TEPPICHHÄNDLER. An allen Ecken im Aufbruch, kein Besuch und karges Essen. Geh zu Chancen, Doofi. Besingt Straße, will Wauwau, Trink-trink. Ah so, wie zwei Politiker ...
GEHILFE. ... möchte dort schlafen, wieder holen, funkenschlagen hinter der Scheibe kichern regen lassen, ein aufgeschlagner stern, keine konserve ...
TEPPICHHÄNDLER. Wie ein gewünschtes Ende mit viel Sorgfalt und Können. Plötzlich sahen wir einen Gorilla, der offensichtlich uns beobachtete. Es riecht sehr stark. Das große Männchen ist ganz nahe. Doch ich lebe. Zwei, vier, elf, zweiundzwanzig, achtundvierzig.
GEHILFE. ... wie niemand boxt schaler nachtwind den kuss sonst, Pause für Atem, aufgebrochen bis in die Spitzen aussprechen. einfach da im bauch zu Fall berührt, ...
TEPPICHHÄNDLER. Wie ein Gesicht, das die Zeit aufreißt und den Raum stabil macht. Wie ein abgestürzter Satellit. Wuff.
GEHILFE. ... beider Bisse stern häute an bauch geschmiegt nach oben rücken in staubschauer dünen wiegen ...
TEPPICHHÄNDLER. Irgendetwas ist in der Luft. Durch den Regen zeichnet sich ein vergrößertes Stück Straße ab, auf dem ich mit dem Gesicht zu liegen scheine. Die Lippen im Staub, aber regungslos, mit einem langsam schwindenden Bewusstsein. Nur Geräusche. Das einzige, was dem Laien wirklich bleibt, sind Ratlosigkeit und schlechte Zähne.
GEHILFE. ... dahinter auf ein stückchen zunge, des herzens Kehle im Lippen blättern
EIN SCHUSS.

HAMBURG - FLUGHAFEN

KULTURHAUS ORCHESTER BUKAREST. Instrumentalmusik.

(Der hier wiedergegebene Text des Films DIE BASIS DES MAKE-UP ist nicht mit dem Drehbuch zum Film zu verwechseln. Wiedergegeben ist lediglich eine Umschrift der im Film gesprochenen, gesungenen oder als Schrift auftauchenden Sprache. Wortlose Sequenzen - und es gibt im Film viele davon - sind im Text nicht gekennzeichnet.)